Volkstanz im Internet 30
November 2022
Mein letzter Artikel #29, veröffentlicht im Fröhlichen Kreis 4/2022, stammt zwar zum größten Teil von mir. Er wurde aber leider von der Schriftleitung ziemlich gekürzt und zusammengestrichen. Ja, ich weiß, man musste Platz sparen. Bei diesen Kürzungen ging nicht nur mein Stil verloren, vor allem ging der eigentliche Sinn verloren.
Ich hatte an und für sich gedacht, im ersten Teil dieses Artikels einen Vorschlag anzubieten, wie die im Fröhlichen Kreis veröffentlichten, oft uninteressanten Berichte über interessante Veranstaltungen besser, das heißt für den Leser wissenswerter gestaltet werden könnten. Typisches Beispiel ist in der Ausgabe 4/2022 der Bericht ab Seite 3, der unzählige eigentlich wissenswerte Überschriften und Namen bringt, aber keine einzige Information, die jemandem weiterhelfen könnte, nichts Nachvollziehbares. Vielleicht lesen Sie meinen leider in dieser Beziehung unvollständigen Artikel #29 noch einmal und überlegen, was ich gemeint haben könnte.
Für den zweiten Teil meines Artikels wurde nur ein einziger Satz gedruckt, und genau der stammt überhaupt nicht von mir, der stört mich sogar sehr. Diesen Satz ‚Denn Volkstanzen macht vor allem Spaß, wenn man nicht „danebensteht“.’ Stimmt das eigentlich? Darf man beim Volkstanz nicht daneben stehen? Muss man alles immer wieder üben?
Wir Klosterneuburger haben öfters beim Towersey-Festival in England mitgewirkt. Und dort ist mir etwas aufgefallen, das ich in Österreich seither vergeblich suche. Stellen Sie sich ein großes Bierzelt vor. Auf der Bühne spielte die Musik, wirklich gute Musik, daher trank kaum jemand Bier, aber viele hundert Menschen tanzten stundenlang nach der Ansage eines „Callers“, der in irgendeinem englischen Dialekt die Tänze sehr kurz erklärte und vor allem die Figuren ansagte. Und alle schwitzten, nur wenige außer uns trugen irgendetwas Trachtenähnliches, Shorts und Ruderleiberl waren dort passender. Und alle tanzten begeistert, irgendetwas, vergleichbar einer schnellen Holsteiner Dreitour, alle freuten sich, hatten Spaß am Tanzen – auch wir Österreicher – und dabei sind wir beim Tanzen so etwas von „danebengestanden“. Wir machten jede Menge Fehler, und keinen störte es, nicht uns, nicht die englischen Tänzer, die ebenfalls Fehler machten, es war einfach Spaß. Stundenlang Spaß.
Ist das nicht weit mehr Volkstanz als das Bemühen vieler unter uns, alles „richtig“ zu machen? Alte Volkskultur zu „pflegen“? Genau nach der Aufzeichnung zu tanzen? Alles vorher gründlich zu üben? Sich für jeden Fehler zu schämen? Und wenn man sich fehlerfreies Tanzen nicht zutraut, gleich gar nicht zu tanzen?
Unsere Jugend, die damals dabei war, hatte das erfasst. Von diesem Tanzgefühl schwärmen sie heute noch, nach Jahrzehnten. Und heute noch veranstalten sie begeistert, selten, aber doch, private Volkstanzfeste, sogar mit unseren Volkstänzen. Zu unserem Leopolditanz kommen sie, das freut uns. Aber in der Volkstanzgruppe habe ich sie schon lange nicht mehr gesehen, das ernsthafte Üben der Volkstänze macht halt zu wenig Spaß.
Und jetzt füge ich den gestrichenen Teil meines letzten Artikels an: Warum tanze ich nach 68 Jahren Volkstanz noch immer gerne?
Vor etlichen Jahren habe ich im Internet eine Seite „Volkstanz macht Spaß“ gestaltet, die anführt, warum ich noch immer gern tanze. Nicht unbedingt aus den Gründen, die immer wieder genannt werden – ja natürlich, Bewegung zum Volkstanz ist sicher gesund, macht sogar intelligent, ist billige Therapie, ist altes Kulturgut und so weiter. Das stimmt ja alles. Aber dass solche „billigen“ Argumente irgendjemanden zum Volkstanz verführen, halte ich für ein frommes Märchen. Ich tanze nach vielen Jahrzehnten noch immer. Aber nicht, weil ich altes Kulturgut pflegen muss oder möchte, und überhaupt nicht, weil ich billige Therapie brauche, sondern nur, weil mir der Volkstanz ganz einfach Spaß macht, weil er mir nach so vielen Jahren noch immer Freude bereitet.
Ich meine, ich habe es in all diesen Jahren erlebt, mit freudvollem Tanzen kann man auch die Jugend mehr begeistern, als mit ach so wichtiger und achtenswerter Pflege von natürlich äußerst bedeutendem und erhaltenswertem Kulturgut.
Und seit Corona habe ich einige Videos aus Bayern gefunden, die eben nicht zur bierernsten Volkstanzpflege aufrufen, sondern genau diesen Spaß am Tanz vermitteln. In diesen Videos wird Tanzen mit Freude vorgezeigt, dort wird zum Mittanzen animiert. Genau das fehlt uns ja in Österreich oft, wir nehmen alles viel zu ernst, und vergraulen damit unsere Jugend.
Und am unteren Rand meiner Seite Volkstanz macht Spaß habe ich zu einigen Dancilla-Seiten mit diesen Videos verlinkt, zum Bayrischen Tanzkurs I und zum Bayrischen Tanzkurs II. Schau’n Sie sich das an, hätte Karl Farkas gesagt.
Ich freue mich über Rückmeldungen, vor allem auch über Anregungen.
Franz Fuchs