Volksmusik und Urheberrecht

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Verwertungsgesellschaften vertreten die Rechte derjenigen Komponisten, Autoren und Verleger von Musikwerken, die in ihnen Mitglied sind. Überlieferte Volksmusikstücke und Volkstänze haben aber üblicherweise keinen bekannten Komponisten, werden sie in überlieferter Art weitergegeben, unterliegen sie daher nicht dem Urheberrechtsgesetz.

Unter Volksmusik wird hier die überlieferte, tradierte Volksmusik bzw. Volkstanzmusik verstanden. Auch neuere Musik im überlieferten Stil ist in diesem Sinne Volksmusik, nicht aber die oft "Volksmusik" genannte Schlagermusik im ländlichen Stil, bzw. der volkstümliche Schlager.

Vor allem Volkstanzmusik ist weit überwiegend Volksmusik in diesem Sinn. Als Ausnahmen sind mir nur De Vleuter, der Marienfrieder und der Monas Vals bekannt.

Urheberrecht

Das Urheberrechtsgesetz sagt aus, dass der Urheber (Autor, Komponist) Eigentümer seines Werkes ist und unter anderem auch finanzielle Ansprüche auf sein Werk erheben darf. Üblicherweise tritt er dieses Recht an eine Verwertungsgesellschaft ab und bekommt dafür Tantiemen. Derartige Verwertungsgesellschaften gibt es in allen Staaten. In Österreich ist dies vor allem die AKM (Staatlich genehmigte Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger, reg. Genossenschaft mbH.). In Deutschland ist es die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte). In der Schweiz ist es die SUISA (Schweizerische Gesellschaft für die Rechte der Urheber musikalischer Werke). Diese Gesellschaften verwalten das Weltrepertoire an geschützter Musik, kassieren für jede öffentliche Aufführung eines der von ihnen verwalteten Werke einen tariflich festgesetzten Betrag, der bei manchen Veranstaltungen eine doch beträchtliche Höhe erreichen kann und verteilen dieses Geld an die Urheber.

Urheber bei Volksmusik

Überlieferte Volksmusik hat in der Regel keinen bekannten Urheber. Falls doch einer bekannt ist, hat er häufig seine Werke keiner Verwertungsgesellschaft gemeldet. Volksmusikalische Werke, wie sie etwa zu zehntausenden in den Volksliedwerken archiviert sind, sind also in der großen Mehrzahl gemeinfrei, unterliegen daher nicht dem Urheberrecht, Verwertungsgesellschaften brauchen dafür keine Tantiemen bezahlen, dürften daher auch nichts dafür kassieren.

Volkstanz

Dies gilt nicht nur für instrumentale Volksmusik und Volkslieder, sondern vor allem auch für alle überlieferten Volkstänze in den Alpenländern, sowohl für die Tanzbeschreibungen als auch für die zugehörige Musik. Diese sind urheberrechtsfrei. Falls doch ein Urheber bekannt ist, hat er häufig seine Werke nicht der AKM gemeldet.

Das alles gilt auch für die Lieder. Es gibt viele urheberrechtsfreie Volkslieder, aber nicht alle sind es. Etwa steht das bei Volkstänzern in ganz Österreich als Schlusslied beliebte „A ganze Weil habn ma heut g’sunga und g’spielt“ von Sepp Karl unter Urheberrecht.

Aber auch bei den Volkstänzen gibt es einige wenige geschützte Werke. Als Ausnahmen sind mir derzeit allerdings nur der De Vleuter, der Marienfrieder und der Monas Vals bekannt.

Es könnte allerdings sein, dass eine künstlerische Bearbeitung von freien Stücken geschützt ist. Musizieren Sie auswendig im eigenen Satz oder nach selbstgeschriebenen Noten, so trifft dies nicht zu.

Bearbeitungen von Volksmusik

Echte Bearbeitungen können einer Verwertungsgesellschaft gemeldet werden und sind dann weltweit geschützt. Schutzfähig sind aber nur eigene geistige Schöpfungen der Autoren. Nicht schutzfähig und daher frei sind alle Volksmusikstücke an sich, bei denen der Komponist ja nicht bekannt ist, sowie alle Bearbeitungen von ungeschützten Stücken im Volkssatz, die keine eigene schöpferische Leistung darstellen, sondern eher handwerkliche Leistungen sind. Es gab und gibt aber immer wieder Leute, welche einen Volksmusik-Satz der AKM/GEMA als eigene Bearbeitung oder gar ein Volksmusikstück als eigene Komposition melden. Die AKM/GEMA überprüft nicht, ob dies berechtigt ist.

Unterschiede AKM und GEMA

In Österreich verlangt die AKM die vollen Tantiemen für die gesamte Veranstaltung, auch wenn nur ein einziges geschütztes Stück gespielt wird. Diese Bestimmung ist zwar unlogisch, aber gesetzlich gedeckt. Will man keine Tantiemen bezahlen, muss man daher in Österreich sicherstellen, dass kein einziges pflichtiges Stück gespielt oder gesungen wird.

Dagegen kann in Deutschland bei Veranstaltungen, bei denen nur ein Teil der gespielten Musik der GEMA unterliegt, eine Reduzierung der Tantiemen verlangt werden. Dies muss der GEMA aber durch eine vollständige Musikliste nachgewiesen werden. Diese Regelung ist etwas besser als die Regelung in Österreich, geht aber ebenfalls nicht auf die besonderen Bedingungen der Volksmusik ein.

Einige Verbände in Österreich haben Verträge mit der AKM geschlossen, aus denen hervorgeht, dass auf jeden Fall jede Veranstaltung gemeldet werden muss, dafür werden die Tantiemen wesentlich reduziert. Für Mitglied eines derartigen Verbandes gilt das unten Gesagte daher nicht vollinhaltlich.

Geschützte Werke

Oft wird behauptet, man müsse auf jeden Fall der AKM/GEMA melden, da es zu wenig ungeschützte Stücke gäbe. In Bayern gibt es etwa 400 der GEMA gemeldete, als Volksmusik geltende Walzer und rund 10.000 GEMA-freie Walzer. In Österreich ist es sicher ähnlich, einige zehntausend Volksmusikstücke liegen in etwa in den Archiven der Volksliedwerke. Dieses Argument für die Verwertungsgesellschaften ist also falsch.

Die AKM/GEMA ist verpflichtet, auf Anfrage Auskunft zu erteilen, ob ein bestimmtes Stück oder eine bestimmte Bearbeitung geschützt ist. Falls man nicht weiß, ob eine bestimmte Bearbeitung eines an sich ungeschützten Volksmusikstückes geschützt ist, kann man eine eigene Bearbeitung wählen, die ist dann immer ungeschützt.

Was geschützt ist, könnte man auf der Internet-Seite der Gema selbst eruieren. Es wird aber keine Garantie für Richtigkeit gegeben, beispielsweise stimmt das Ergebnis bei unterschiedlichen Schreibweisen eher nicht.

Veranstaltungsmeldung

Wirtshaustanzereien, Volksmusikstammtische und ähnliche Veranstaltungen ohne Eintrittskarten im Rahmen eines Gastbetriebes gelten als "Gästemusizieren". Meist hat heute ein Wirt irgendwo ein Radio, CD-Player oder ähnliches stehen und bezahlt dafür ein geringes Pauschale an die AKM/GEMA. Im Rahmen dieses Pauschales ist das Gästemusizieren inbegriffen, aber wie gesagt nur, wenn kein Eintrittsgeld verlangt wird. Derartige Kleinstveranstaltungen braucht man nicht zu melden.

Alle anderen öffentlich zugänglichen Veranstaltungen mit nur wenigen Ausnahmen müssen vom Veranstalter der AKM/GEMA gemeldet werden, auch wenn nur ein einziges geschütztes Werk aufgeführt wird. Dies wird auch eher regelmäßig überprüft.

Wenn gemeldet wird, dann muss dies der Veranstalter oder der Wirt machen und nicht der Musiker/Musikant. Dies gilt auch, wenn der Musiker von der AKM/GEMA zur Meldung aufgefordert wird, was ab und zu vorkommt. Falls irrtümlich der Musikant meldet, wird er von der AKM/GEMA dem Wirt/Veranstalter gegenüber als Zeuge angegeben, was möglicherweise zu Streit führt.

Auf der in jedem Gemeindeamt in Österreich erhältlichen AKM-Anmeldekarte steht wörtlich:

  • "Der Unterfertigte ersucht die AKM um Erteilung der Aufführungsbewilligung für die von ihr verwalteten musikalischen oder literarischen Werke für die nachstehend genannte Veranstaltung ..."
  • "Das tarifliche Aufführungsentgelt ist vom Veranstalter binnen 14 Tagen nach Bekanntgabe zu zahlen, unabhängig davon, ob und in welchem Ausmaß geschützte Werke tatsächlich aufgeführt wurden."

Dieser Passus wird häufig so ausgelegt, dass man auf jeden Fall zahlen muss, wenn man meldet, dass aber der Veranstalter nur melden muss, wenn tatsächlich mindestens ein "verwaltetes Werk" gespielt wird. Allerdings verlangt die AKM häufig eine nachträgliche Meldung. Die Antwort: "es wurden keine geschützten Werke gespielt, sondern ausschließlich überlieferte und daher ungeschützte Volksmusik in eigenen Bearbeitungen" wird manchmal kommentarlos zur Kenntnis genommen, manchmal wird aber trotzdem eine Liste der gespielten Werke verlangt.

In der Volksmusik ist oft üblich, nicht nach einem vorher festgelegten Programm zu musizieren, sondern in freier Folge irgendwelche Stücke zu spielen. Häufig sind nicht einmal die Namen der Stücke bekannt, oder ein Stück hat mehrere bekannte Namen. Es ist daher kaum möglich, die von den Verwertungsgesellschaften geforderte Liste der gespielten Stücke beizubringen. Genauso wird vielfach nicht nach Noten, sondern frei musiziert, es ist daher kaum möglich, den Bearbeiter festzustellen. Häufig wird der Musikant selbst der Bearbeiter sein.

Wegen dieser Problematik haben das Österreichische Volksliedwerk und der Österreichische Veranstalterverband mit der AKM im Herbst 2007 einen Vertrag geschlossen, der gewisse Aufführungen frei gibt, andere wesentlich begünstigt. Dieser Vertrag gilt allerdings nur für Mitglieder der Österreichischen Volksliedwerke. Näheres unter Weblinks.

Neue Kompositionen in der Volksmusik

Alle Volksmusikstücke sind irgendwann von irgend Jemandem komponiert worden. Die kolportierte Entstehung im Volk ist eher ein frommes Märchen. Allerdings waren Volksmusikstücke dann dem Überlieferungsprozess ausgesetzt, werden bei Gefallen weiter überliefert, werden verändert, bekommen Varianten, und der tatsächliche Autor ist meist nicht bekannt, würde auch vielleicht nach einiger Zeit sein Stück kaum wiedererkennen.

Volksmusikstücke entstehen auch heute neu, werden von vielen Musikanten ausgedacht, komponiert, in überlieferten Formen "selbstgestrickt", werden weitergereicht, schriftlich oder von Ohr zu Ohr, werden gespielt, oft ohne Kenntnis, von wem das Stück stammt, genau so, wie es in vergangenen Jahrhunderten war.

Nun haben diese heutigen Volksmusikschreiber einerseits den Ehrgeiz, dass ihre Stücke überall gespielt werden, dass sie irgendwann zu überlieferter Volksmusik werden. Andererseits hätten sie auch nichts gegen die reichlich fließenden Tantiemen einzuwenden, mit denen die AKM/GEMA wirbt.

Mit einer normalen Meldung eines Stückes an die AKM/GEMA tritt der Komponist sämtliche Rechte an diesem Stück und an allen weiteren selbst geschriebenen Stücken an die Verwertungsgesellschaft ab. Sogar bei eigenen Veranstaltungen ist man dann verpflichtet, der AKM/GEMA zu melden und dafür zu bezahlen, bekommt dafür nur das Recht, eher geringe Tantiemen zu kassieren. Dagegen wird in der Volksmusikpraxis ein der AKM/GEMA gemeldetes Stück häufig nur in der AKM/GEMA gemeldeten Aufführungen gespielt, kann dadurch gar nicht in die Überlieferung eingehen, wird daher eher nicht "überall" gespielt.

Teilmitgliedschaft bei AKM/GEMA

Für diese Diskrepanz gibt es einen Ausweg. Man meldet als Autor die selbst komponierten Stücke zwar der AKM/GEMA, behält sich jedoch das Recht für die öffentliche Aufführung zurück. Geschützt ist nur die Aufführung durch die Medien, wo es ohnedies gebräuchlich ist, Tantiemen zu bezahlen. Es bedeutet aber jedes Mal einiges an Verhandlungskunst, bei der GEMA einen derartigen Vertrag durchzusetzen. Üblich ist er noch nicht. Die AKM akzeptiert derzeit einen derartigen Wunsch auf Teilmitgliedschaft bei neuen Mitgliedern problemlos. Allerdings muss man dies ausdrücklich verlangen.

Vertrag der AKM mit dem Österreichischen Volksliedwerk

Es gibt seit Herbst 2007 einen Vertrag zwischen AKM und Österreichischem Volksliedwerk in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Veranstalterverband, für alle Mitglieder eines Volksliedwerkes, wobei die Volksliedwerke der einzelnen Bundesländer zuständig sind. Ich finde diesen Vertrag sehr gut, er gilt theoretisch in ganz Österreich, wird aber in Niederösterreich noch verhandelt. In der Steiermark bzw. für Mitglieder des Steirischen Volksliedwerkes gilt er, ich nehme an, dass er auch für die Mitglieder der anderen Landes-Volksliedwerke gilt. Auf der Homepage des Österreichischen Volksliedwerkes ist ein Auszug veröffentlicht. Hier ist der Text in Kurzform:

  • Veranstaltungen mit bezahlten Musikgruppen, Programm, Vorankündigungen und Eintritt: (z.B.: Konzerte, Bälle…)
    • Solch eine Veranstaltung ist bis zu 3 Tage vorher mit Hinweis auf die Zugehörigkeit zum jeweiligen Volksliedwerk und dem damit verbundenem Vertrag bei der AKM Landesgeschäftsstelle mittels offiziellen Formularen zu melden, auch wenn keine geschützten Werke aufgeführt werden.
    • Eine Liste der gespielten Musiktitel sollte bis zu 14 Tage danach eintreffen. Lassen sich die Musiktitel nicht nachvollziehen, gilt auch ein Standardprogramm der Musikgruppe, bzw. ein Standardsammelprogramm von häufig gespielten Stücken. Hier sei jedoch zu bedenken, dass bei Sammelprogrammen immer die gleichen Urheber/Interpreten zum Zug kommen und nicht jene, die tatsächlich gespielt werden.
    • Werden geschützte Werke aufgeführt, gewährt die AKM eine 40% Ermäßigung auf den Gesamtpreis (liegt der Anteil der geschützten Werke unter 30% ist eine prorata Berechnung dennoch günstiger! Gilt ebenfalls nur für Mitglieder des Volksliedwerkes.).
    • Bei besonderem Bildungscharakter gewährt die AKM 50 %, bedarf jedoch schriftlicher Begründung.
  • Kleinveranstaltungen, auf die folgende Kriterien zutreffen: (offene Singen, Sänger- und Musikantenstammtische…)
    • max. 100 Personen, kein Eintritt, keine Musikerhonorare, Ort und Zeit vorangekündigt, jedoch kein festes Programm
    • Hier genügt eine Kurzinformation über die Veranstaltungen (Ort und Zeitangaben). Sollte es sich um eine Veranstaltungsreihe handeln, reichen je nach Anzahl der Veranstaltungen 1- 4 Meldungen pro Jahr (als Liste, Veranstaltungsfolder, Jahresprogramm... mit Kennzeichnung der relevanten Veranstaltungen) bei der jeweiligen AKM Landesgeschäftsstelle, wiederum mit Hinweis zur Zugehörigkeit zum Landesvolksliedwerk. Zu empfehlen ist auch ein Standardsammelprogramm abzugeben.
    • Für etwaige Kosten, die im Zusammenhang mit geschützten Werken entstehen, konnte der Veranstalterverband Österreichs gewonnen werden, hierfür die Gesamtkosten zu übernehmen. Es erfolgt eine Direktverrechnung, dem Veranstalter selbst entstehen keine Kosten mehr. Etwaige Rechnungen bitte mit diesem Hinweis und Zugehörigkeit zum Volksliedwerk an die jeweiligen AKM Geschäftsstellen retournieren.
    • Voraussetzung ist eine Zugehörigkeit zu einem Volksliedwerk.
  • Für nicht im Vorfeld angekündigtes spontanes Singen und Musizieren
    • hier entfällt die Meldepflicht!

Weblinks