Harmonikaspiel nach normalen Noten

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(Franz Fuchs, Klosterneuburg)

"Harmonika spielt man nach Griffschrift!" Zumindest wird das oft behauptet. Behauptet auch Ihr Lehrer das, dann wechseln Sie getrost den Lehrer. Würde das stimmen, wäre die Harmonika schon vor 100 Jahren ausgestorben so wie einige andere Instrumente. Es gibt und gab immer auch andere Möglichkeiten, ein neues Harmonikastück zu erlernen oder es als Merkhilfe aufzubewahren. Und eine dieser Möglichkeiten ist und war immer schon das Spiel nach normalen Noten.

Aber: Das größte Verbrechen eines Musikanten ist, Noten oder Griffschrift zu spielen und die dazu richtigen Knöpfe zu drücken, anstatt zu musizieren.

Wie hat man früher Harmonika spielen gelernt?

Die Steirische Harmonika wurde etwa um 1860 entwickelt. Im Prinzip war sie damals zwar dreireihig, aber nach dem genau gleichen System aufgebaut wie heute immer noch, auch wenn es inzwischen oft Erweiterungen gab und gibt. Zu diesem Instrument hat Max Rosenzopf, ein steirischer Musikant und Harmonikalehrer, vor dem Jahr 1975 eine bereits vorhandene Tabulatur für die Club-Harmonika an die Erfordernisse der Steirischen angepasst. Er nannte diese Tabulatur Griffschrift. Vorher gab es nichts für genau dieses Instrument. Nichts. Außer natürlich normale Noten. Die gab es schon lange vorher. Und die gibt es noch immer, es werden immer noch weit mehr Stücke oder Lieder mit Noten als mit Griffschrift niedergeschrieben.

Es gab in diesen über hundert Jahren ohne Griffschrift viele Spieler, die oft besser spielten als mancher erfolgreiche Absolvent einer heutigen Schule. Der beste, weil gefühlvollste Spieler war für mich Andreas Salchegger, und der war blind, konnte weder mit Noten noch mit einer Griffschrift etwas anfangen.

Man lernte etwa nach Gehör, durch ausprobieren, oder man ließ sich die dazu nötigen Griffe zeigen, so wie es ja auch die heutigen Video-Schulen im Internet machen. Allerdings, bis vor wenigen Jahren gab es weder Videos noch Internet. Walter Deutsch meinte einmal, Überlieferung bedeutete, man setzte sich dazu seinem Großvater gegenüber und spielte das nach, was dieser vorzeigte. Ich glaube halt, es war damals noch schwieriger als heute, einen passenden Großvater zu finden. Auch dazu ausgebildete Harmonikalehrer gab es früher keine, Max Rosenzopf war vielleicht der erste. Und die Aussage von Walter beantwortet auch nicht die Frage, wie es der Großvater selbst gelernt hätte.

Ich selbst lernte die Griffschrift 1979 bei einem Seminar mit Max Rosenzopf in Haibach kennen, spielte aber schon vorher gern und nicht ganz schlecht mit meiner 1960 gekauften Harmonika zum Volkstanz auf, und das ganz ohne Lehrer oder einen "Großvater", der es mir hätte zeigen können. Wir alle, die wir vor etwa 1980 Harmonika spielten, erlernten das Spiel und lernten neue Stücke vor allem durch Zuhören und Nachspielen, und natürlich durch ausprobieren. Ungefähr 1970 legte mir ein Volkstanzleiter einstimmige Noten vom Neppendorfer Landler hin, ich solle das jetzt spielen, er möchte der Gruppe diesen neuen Tanz lehren. Ich schaute mir die Noten kurz an, versuchte, sie in Gedanken zu singen, und konnte das Tanzl ziemlich schnell halbwegs spielen; ich war damit jedenfalls schneller, als die Tänzer benötigten, ihre Figuren zu erlernen. Und seither spiele ich auch nach Noten.

Wie lernt man heute Harmonika spielen?