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Anregungen für Tanzleiter und gute Tänzer | Anregungen für Tanzleiter und gute Tänzer | ||
Über dieses Thema habe ich bereits 1971 geschrieben. | Über dieses Thema habe ich bereits 1971 geschrieben. Seit damals hat sich einiges geändert, ich möchte es nun aktualisieren. Das folgende gilt für den Gesellschaftstanz "Volkstanz" genau so wie für Tanzaufführungen. | ||
== Tanzgewand == | == Tanzgewand == | ||
Mit dem Gewand möchte ich beginnen, das man zum Tanz trägt. Früher war es üblich, zum Tanzen in seinem schönsten Gewand zu gehen. Großteils ist das bei uns noch immer üblich, allerdings hätten wir uns früher nie vorstellen können, dass kunstvoll zerrissene Jeans dieses schönste Gewand sein können. | Mit dem Gewand möchte ich beginnen, das man zum Tanz trägt. Früher war es üblich, zum Tanzen in seinem schönsten Gewand zu gehen. Großteils ist das bei uns noch immer üblich, allerdings hätten wir uns früher nie vorstellen können, dass kunstvoll zerrissene Jeans dieses schönste Gewand sein können. Aber wenn die Jugend so denkt, wichtiger ist, sie tanzen. | ||
In England habe ich erlebt, die Jugend geht zum Ceíli-dance - das entspricht etwa | In England habe ich erlebt, die Jugend geht zum Ceíli-dance - das entspricht etwa unseren Volkstanzfesten - mit T-Shirt und Shorts. In unseren Breiten ist die Tracht vielleicht angemessener, allerdings sicher nicht unbedingt erforderlich. Lustvoll Tanzen kann man in jedem Gewand. Allerdings, es ist sicher kein Fehler, wenn das Tanzgewand auch bequem zu tragen ist und die Tanzfiguren nicht behindert. | ||
Tracht muss | Wenn es doch Tracht sein soll, was mir persönlich besser gefällt, muss es aber nicht unbedingt eine Gruppenuniform sein, wie es uns viele vor allem ländliche Tanzgruppen zeigen. Allerdings, auch die Tracht des Eröffnungskomitees beim Opernball ist eigentlich eine Gruppenuniform. | ||
Übrigens, über die Vielfalt unserer Trachten habe ich im alten Dancilla eine Seite gefunden. Die [https://www.dancilla.com/vt/Trachten/Trachtenliste_Europa.html Trachtenliste Europa] hat viele Unterseiten. | Übrigens, über die Vielfalt unserer Trachten habe ich im alten Dancilla eine Seite gefunden. Die [https://www.dancilla.com/vt/Trachten/Trachtenliste_Europa.html Trachtenliste Europa] hat viele Unterseiten. | ||
== Aber nun zum Tanzen selbst == | |||
== Ausgangsstellung == | == Ausgangsstellung == | ||
Mit der [[Ausgangsstellung]] beginnt jede Tanzbeschreibung in Dancilla, damit beginnen viele Original-Aufzeichnungen. Aber nur in wenigen uralten Aufzeichnungen steht, wie und wann man zu dieser Haltung kommt. Vielfach wird vor allem bei Vorführungen daher der Fehler begangen, die Ausgangsstellung möglichst frühzeitig und möglichst "schön gleichmäßig" einzunehmen. Dann spielt die Musik ein langes Vorspiel. Alles steht dann je nach Tanz etwa in perfekter Walzerhaltung da. Keiner darf sich bewegen, sonst fällt er negativ auf. | |||
Nun soll aber doch die Tanzhaltung nicht Selbstzweck sein, sondern sie ist ein Teil des Tanzes. Und ich behaupte, '''Tanz ist Bewegung'''. | Nun soll aber doch die Tanzhaltung nicht Selbstzweck sein, sondern sie ist ein Teil des Tanzes. Und ich behaupte, '''Tanz ist Bewegung''', Bewegung zu Musik. | ||
Daher möglichst spät, | Daher sollte man vielleicht möglichst spät, etwa erst im letzten Takt des Vorspiels, die Ausgangsstellung einnehmen und aus dieser Bewegung sofort fließend überleiten zum ersten Tanzschritt - oder noch besser, ohne jede Ausgangsstellung gleich zum Tanzen anfangen. Bis dahin könnte man promenieren, oder zwanglos stehen. In der Überlieferung wird immer wieder angegeben, "Die Musik beginnt zu spielen, der Tänzer führt seine Tänzerin auf den Tanzplatz". Damals gab es kein Vorspiel, keine Ausgangsstellung. | ||
Das gilt vor allem auch für '''Vorführungen''': Man steht besser mit oder ohne Handhaltung oder auch durchgefasst im Kreis, nimmt erst knapp vor dem tatsächlichen Tanzbeginn die dort erforderliche Haltung ein. | |||
== Körperhaltung == | == Körperhaltung == | ||
Die Körperhaltung sollte aufrecht sein, besonders dann, wenn jemand keinen Buckel hat. Der Blick geht gerade aus. Oft wird man seinem Partner ins Gesicht schauen, wird damit zeigen, dass man gern mit diesem Partner tanzt. | Die Körperhaltung sollte aufrecht sein, besonders dann, wenn jemand keinen Buckel hat. Der Blick geht gerade aus. Oft wird man seinem Partner ins Gesicht schauen, zumindest ab und zu, wird damit zeigen, dass man gern mit diesem Partner tanzt. | ||
Auf die eigenen Füße sollte man nicht einmal dann schauen, wenn man den Tanz noch nicht kann. Dabei sehe ich ja höchstens, wie man es falsch macht. | Auf die eigenen Füße sollte man nicht einmal dann schauen, wenn man den Tanz noch nicht kann. Dabei sehe ich ja höchstens, wie man es falsch macht. Falls man dies braucht, schaut man besser auf die Beine der Tanzleiter oder eines guten Paares. | ||
Die Fußspitzen sollen immer zum Boden zeigen. Vor allem bei allen Schwingschritten oder Tupffiguren. Aufgestellte, zum Himmel weisende Zehen, sogenannte "Schürhaken", schauen nie gut aus. | Die Fußspitzen sollen immer zum Boden zeigen. Vor allem bei allen Schwingschritten oder Tupffiguren. Aufgestellte, zum Himmel weisende Zehen, sogenannte "Schürhaken", schauen nie gut aus. | ||
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Und das Wichtigste: Tanzen Sie stolz! Tanzen Sie selbstbewusst! Tanzen sie, weil Sie es gut können! | Und das Wichtigste: Tanzen Sie stolz! Tanzen Sie selbstbewusst! Tanzen sie, weil Sie es gut können! | ||
Ach, Sie können diesen schwierigen Tanz (noch) nicht? Sind unsicher? Über dieses Thema habe ich beim Musizieren geschrieben, unter [https://www.volksmusikschule.at/tipps.htm Tipps und Tricks] können Sie es nachlesen. | Ach, Sie können diesen schwierigen Tanz (noch) nicht? Sind unsicher? Über dieses Thema habe ich beim Musizieren geschrieben, unter [https://www.volksmusikschule.at/tipps.htm#unsicher Tipps und Tricks] können Sie es nachlesen. Kurz gefasst: Man könnte ja so tun, als ob man sicher wäre. Eigenartiger Weise wird man dadurch sicherer, eine selbsterfüllende Prophezeiung. | ||
=== Handhaltung === | === Handhaltung === | ||
Die Haltung der freien Hände ist meist nicht angegeben. Ob sie eingestützt, auf den Rücken gelegt oder in den Hosenträger eingehakt werden, bleibt jedem einzelnen überlassen. Manchmal kann man sie sogar einfach angebogen oder gerade hinunter hängen lassen. Sie sollten aber nie wild herumbaumeln, sondern immer nahe dem Körper bleiben. | |||
Allerdings empfiehlt sich für viele Gruppen, bei Vorführungen eine einheitliche Handhaltung anzustreben. Das gilt aber nur für Vorführungen, beim freien, geselligen Tanz ist das eher nicht notwendig. | Allerdings empfiehlt sich für viele Gruppen, bei '''Vorführungen''' eine einheitliche Handhaltung anzustreben. Das gilt aber nur für Vorführungen, schaut da vielleicht besser aus, beim freien, geselligen Tanz ist das eher nicht notwendig. | ||
=== Fußstellung bei geschlossener Tanzhaltung === | === Fußstellung bei geschlossener Tanzhaltung === | ||
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Bei eng geschlossener Tanzhaltung, also bei praktisch jedem Rundtanz, sind die Körper, vor allem die Füße leicht seitlich verschoben, so dass beim Vorwärtsschreiten der rechte Fuß etwa zwischen die Füße des Partners zielt. Das verhindert, dass man dem Partner auf die Zehen steigt, wenn dieser seinen linken Fuß nicht weit genug zurückzieht. | Bei eng geschlossener Tanzhaltung, also bei praktisch jedem Rundtanz, sind die Körper, vor allem die Füße leicht seitlich verschoben, so dass beim Vorwärtsschreiten der rechte Fuß etwa zwischen die Füße des Partners zielt. Das verhindert, dass man dem Partner auf die Zehen steigt, wenn dieser seinen linken Fuß nicht weit genug zurückzieht. | ||
Das gilt aber nicht nur für Rundtänze, sondern auch für gerade Bewegungen vor oder zurück in enger Haltung. Etwa schiebt beim [[St. Bernhard Walzer]] in Takt 7-8 die Tänzerin ihren Tänzer in Richtung Kreismitte, in Takt 9-10 schiebt der Tänzer seine Partnerin wieder zurück. Auch bei derartigen Figuren sollen wie oben angegeben die Füße etwas seitlich verschoben sein, um dem Partner nicht auf die Zehen zu steigen. | Das gilt aber nicht nur für Rundtänze, sondern auch für gerade Bewegungen vor oder zurück in enger Haltung. Etwa schiebt beim [[St. Bernhard Walzer]] in Takt 7-8 die Tänzerin ihren Tänzer in Richtung Kreismitte, in Takt 9-10 schiebt der Tänzer seine Partnerin wieder zurück. Auch bei derartigen Figuren sollen wie oben angegeben die Füße etwas seitlich verschoben sein, um sicher zu sein, dem Partner nicht auf die Zehen zu steigen. | ||
== Tanz ist Bewegung == | == Tanz ist Bewegung == | ||
Das zwar für den ganzen Körper, aber in besonderem Maß für die Beine. Ein Stehenbleiben gibt es nur, wenn es, etwa bei Kontratänzen, ausdrücklich in der Beschreibung steht. Bei unseren Paartänzen geht der Schritt ununterbrochen weiter. Auch wenn die Figur nur eine Bewegung des Partners vorsieht, kann man ihm durch kleine Schritte dabei helfen, kann ihm etwa durch Ausweichen seine Bewegung erleichtern. | Das gilt zwar für den ganzen Körper, aber in besonderem Maß für die Beine. Ein Stehenbleiben gibt es nur, wenn es, etwa bei Kontratänzen, ausdrücklich in der Beschreibung steht. Bei unseren Paartänzen geht der Schritt ununterbrochen weiter. Auch wenn die Figur nur eine Bewegung des Partners vorsieht, kann man ihm durch kleine Schritte dabei helfen, kann ihm etwa durch Ausweichen seine Bewegung erleichtern. | ||
=== Schwingende Bewegungen === | === Schwingende Bewegungen === | ||
Viele Tänze leben vom Ab- und Zuwenden zum Partner. Das soll aber nicht nur mit dem Kopf geschehen. Der ganze Körper wendet sich ab, und dann wendet sich der ganze Körper wieder zum Partner. Der ganze Körper schwingt im Tanzrhythmus mit. | Viele Tänze, nicht nur die [[Bayrisch-Polka]], leben vom Ab- und Zuwenden zum Partner. Das soll aber nicht nur mit dem Kopf geschehen. Der ganze Körper wendet sich ab, und dann wendet sich der ganze Körper wieder zum Partner. Der ganze Körper schwingt im Tanzrhythmus mit. | ||
Das gilt auch bei [[Schwingschritt]]en. Das | Das gilt auch bei [[Schwingschritt]]en. Das Beinschwingen soll eigentlich ein beschwingtes, schwingendes Vorwärtsgehen sein. Der ganze Körper schwingt abwechselnd leicht nach links und nach rechts, die Beine schwingen zwar ebenfalls, sind aber nicht gar so wichtig. Dieses Beinschwingen ergibt sich aus dem Körperschwung, sollte daher nicht übertrieben werden. | ||
=== Fließende Bewegungen === | === Fließende Bewegungen === | ||
Der ununterbrochene Fluss der Tanzbewegung | Der ununterbrochene Fluss der Tanzbewegung sollte während des Tanzes oberstes Ziel sein: Zwischen den einzelnen Figuren darf keine Pause, kein Bruch entstehen, jede Bewegung, jede Figur geht fließend in die nächste Figur über. Diese fließende Bewegung kann aber nur entstehen, wenn man vorher denkt, wenn man jederzeit weiß, wie es im nächsten Takt weitergeht. Tanze ich eine Figur zu Ende und denke dann erst nach, was nachher kommt, stockt der ganze Tanzfluss. | ||
Als Beispiel nehme ich den [[Neubayrischer|Neubayrischen]]: Weiß ich, dass nach dem Stampfen oder Klatschen wieder ein Vorschwingen der Arme folgt, kann ich mich während der kurzen Musikpause leicht zum Partner wenden und die Arme etwas zurückführen. Das ist dann der Auftakt für den nachfolgenden Vorschwung, ein Stillstand wurde vermieden. | Als Beispiel nehme ich den [[Neubayrischer|Neubayrischen]]: Weiß ich, dass nach dem Stampfen oder Klatschen wieder ein Vorschwingen der Arme folgt, kann ich mich während der kurzen Musikpause leicht zum Partner wenden und die Arme etwas zurückführen. Das ist dann der Auftakt für den nachfolgenden Vorschwung, ein Stillstand wurde vermieden. | ||
Wenn sich die Tänzer bemühen | Wenn sich die Tänzer im Tanzkreis bemühen, alles gleichzeitig zu machen, soll dann womöglich jede Drehung genau zum Taktbeginn anfangen. Um nur ja nicht zu spät zu kommen, drehen sich oft alle etwas schneller, sind dann aber häufig zu früh fertig und warten stocksteif auf den nächsten Taktbeginn. Das wirkt leider nicht schwungvoll, sondern hölzern. Da wäre es besser, nicht zu genau gleichzeitig tanzen zu müssen, sondern lieber etwas zu spät zu kommen und dabei den Tanzfluss nicht zu unterbrechen. | ||
Übrigens, je schneller und schwungvoller die Musik spielt, desto kleiner sollten Schritte und Bewegungen sein. Dann kann ich auch auf glattem Parkett etwa bei der [[Krebspolka]] rechtzeitig stehen bleiben und rutsche nicht endlos weiter. | Übrigens, je schneller und schwungvoller die Musik spielt, desto kleiner sollten Schritte und Bewegungen sein. Dann kann ich auch auf glattem Parkett etwa bei der [[Krebspolka]] rechtzeitig stehen bleiben und rutsche nicht endlos weiter. | ||
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Dieses Vorausdenken gilt besonders auch für den Tanzlehrer. Er muss den Leuten rechtzeitig vor Beginn die Figuren ansagen, eventuell sogar kurz erklären, damit man sich geistig darauf einstellen kann. | Dieses Vorausdenken gilt besonders auch für den Tanzlehrer. Er muss den Leuten rechtzeitig vor Beginn die Figuren ansagen, eventuell sogar kurz erklären, damit man sich geistig darauf einstellen kann. | ||
Dazu kommt, dass jede Bewegung früher beginnt, als man denkt. Ein gewöhnlicher [[Gehschritt]] ist am angegebenen Taktteil bereits beendet. Ich muss vorher ausschreiten, damit ich auf '''1''' den Fuß | Dazu kommt, dass jede Bewegung früher beginnt, als man denkt. Ein gewöhnlicher [[Gehschritt]] ist am angegebenen Taktteil bereits beendet. Ich muss vorher ausschreiten, damit ich auf '''1''' den Fuß niederstellen kann. | ||
=== Tanz ansagen === | === Tanz ansagen === | ||
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== Tanzkreis == | == Tanzkreis == | ||
In kleinen Stuben könnte man (fast) am Ort tanzen. Das war im ursprünglichen Volkstanz öfters der Fall. In unseren Tanzsälen ist bei vielen Tänzen ein Tanzkreis üblich geworden, | In kleinen Stuben könnte man (fast) am Ort tanzen. Das war im ursprünglichen Volkstanz öfters der Fall. Man tanzte, wo Platz war, kümmerte sich kaum um irgend eine [[Benennungen#Tanzrichtung|Tanzrichtung]], ein Tanzkreis war in derartigen Stuben ohnedies nicht möglich. In unseren Tanzsälen ist bei vielen Tänzen ein Tanzkreis üblich geworden, sowie eine Fortbewegung der einzelnen Paare gegen den Uhrzeigersinn. In diese Richtung sollte sich der gesamte Tanzkreis meist auch tatsächlich bewegen. Das gilt auch für Tänze, die anscheinend am Ort verbleiben, etwa für den [[Boarischer aus Lunz am See|Lunzer Boarisch]]. Man braucht ja nur die Schritte in [[Benennungen#Tanzrichtung|Tanzrichtung]] etwas größer setzen als die gegengleichen, und schon kommt Bewegung in den Tanzkreis. | ||
Bei der [[Bayrisch-Polka]] und vielen ähnlichen Tänzen könnte die Figur des Abwendens und wieder Zum-Partner-Wendens immer schräg vorwärts erfolgen, damit man in Tanzrichtung weiter kommt. | Bei der [[Bayrisch-Polka]] und vielen ähnlichen Tänzen könnte die Figur des Abwendens und wieder Zum-Partner-Wendens immer schräg vorwärts erfolgen, damit man in Tanzrichtung weiter kommt. | ||
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== Höflichkeit == | == Höflichkeit == | ||
Ich meine vor allem die Höflichkeit dem Tanzpartner gegenüber. Unser Tanz ist mit wenigen Ausnahmen Paartanz, ich tanze mit einem Partner. | Ich meine vor allem die Höflichkeit dem Tanzpartner gegenüber. Unser Tanz ist mit wenigen Ausnahmen Paartanz, ich tanze mit einem Partner. Das muss ja sicher kein übertriebenes Theater mit vorgetäuschten Liebesblicken sein. Aber zwischendurch darf ich den Partner schon einmal ansehen, mit einem Kopfnicken oder nur mit einem freundlichen Blick ins Gesicht begrüßen oder verabschieden. Das gilt auch und vor allem bei Wechseltänzen, bei jedem neuem Partner, auch wenn es nur ganz kurz ist. | ||
Zur Höflichkeit gehört auch, dass ich es meinem Partner leicht mache. Führe ich als Mann meine Partnerin etwa beim [[Woaf#Sechste_Variante_.28Kreiswoaf.29|Kreiswoaf]] oder bei anderen Wechseltänzen vor mir auf die andere Seite, ist es höflich, dabei einen kleinen Schritt zurückzugehen, um ihr den Weg rund um mich herum abzukürzen. Bei vielen Tänzen, etwa beim [[Tulbinger Fensterltanz]] muss ich nicht stocksteif stehen bleiben, sondern kann dem Partner etwas ausweichen. | Zur Höflichkeit gehört auch, dass ich es meinem Partner leicht mache. Führe ich als Mann meine Partnerin etwa beim [[Woaf#Sechste_Variante_.28Kreiswoaf.29|Kreiswoaf]] oder bei anderen Wechseltänzen vor mir auf die andere Seite, ist es höflich, dabei einen kleinen Schritt zurückzugehen, um ihr den Weg rund um mich herum abzukürzen. Bei vielen Tänzen, etwa beim [[Tulbinger Fensterltanz]] muss ich nicht stocksteif stehen bleiben, sondern kann dem Partner etwas ausweichen. | ||
== Partnerführung == | |||
In der Überlieferung führt der Tänzer seine Partnerin im Tanz. Meist ist es auch heute so, das steht auch in jeder Tanzbeschreibung, es muss aber nicht sein. Auch die Tänzerin kann heute ihren Partner führen, tat das wohl auch früher schon. Natürlich sollte man die Tanzfiguren so lernen, dass keine Führung mehr nötig wäre, aber etwas Hilfe für den Partner ist trotzdem immer gut. | |||
Und wie führt man: Vor allem, man führt nie mit Brachialgewalt. Die Hände vor allem des Mannes sind keine Schraubstöcke, Mann muss die Hand der Partnerin nicht mit Gewalt festhalten, auch nicht, um die Tänzerin in neue Figuren zu führen. Das sehe ich vor allem bei Männern, ihre Partnerinnen beklagen sich dann manchmal bei mir. Aber auch ich habe das vor Jahren am eigenen Leib erfahren. Ich ersuchte damals meine Tanzpartnerin beim Wiener Kathreintanz, schonend zu tanzen, ich hätte Schmerzen in der bereits angeschlagenen Hand. Sie packte mich trotzdem so fest, dass ich noch mitten im Tanz ins Spital fuhr, um den Arm für 7 Wochen einzugipsen. | |||
Man kann häufig mit rechtzeitig leicht angedeuteten Bewegungen führen, wie ich weiter oben bereits beim Neubayrischen angegeben habe. Man kann mit leichtem Druck des Handballens oder der Fingerspitzen der Partnerin andeuten, in welche Richtung die folgende Bewegung kommen soll. | |||
Die Handhaltung sollte bei Wickelfiguren nie fest sein, sondern beweglich, vielleicht nur mit den Fingerspitzen. Wenn sich der Partner etwa beim [[Untersteirer Landler|Untersteirer]] fürchtet, die Hand zu brechen, mache ich und nicht der Partner irgend etwas falsch. | |||
== Zur Tanzausführung == | == Zur Tanzausführung == | ||
[[Zoder, Raimund|Raimund Zoder]] schrieb 1922 in | [[Zoder, Raimund|Raimund Zoder]] schrieb 1922 in [[Altösterreichische Volkstänze]], 1. Teil, Vorwort zur 1. Auflage: | ||
*"Als obersten Grundsatz der ''Volkstanzpflege'' kann ich hier nur wieder die Mahnung hinstellen, die Tänze genau nach der ''Überlieferung'' zu üben und an die Ausführung nicht nur mit Freude, sondern auch mit ''Sorgfalt'' und dem heiligen ''Ernst'', der diesem wertvollen Volksgut gebührt, zu gehen; die gemessene, ''ruhige Ausführung'' auch der lebhafteren Tänze und die fast zeremoniöse Haltung der Tänzer aus dem Volke zeigt uns ja an, dass der Tanz nicht bloßes Vergnügen ist." | *"Als obersten Grundsatz der ''Volkstanzpflege'' kann ich hier nur wieder die Mahnung hinstellen, die Tänze genau nach der ''Überlieferung'' zu üben und an die Ausführung nicht nur mit Freude, sondern auch mit ''Sorgfalt'' und dem heiligen ''Ernst'', der diesem wertvollen Volksgut gebührt, zu gehen; die gemessene, ''ruhige Ausführung'' auch der lebhafteren Tänze und die fast zeremoniöse Haltung der Tänzer aus dem Volke zeigt uns ja an, dass der Tanz nicht bloßes Vergnügen ist." | ||
Kritik an diesen Zeilen oder Ergänzungen würden [[User:Franz Fuchs|mich]] freuen. | Ich meine dazu, diese Aussage ist heute nicht mehr aufrecht zu halten. Die ''Überlieferung'' ging und geht weiter, wie schon Zoder selbst beim ersten Tanz dieses Buches, dem [[Neubayrischer|Neubayrischen]] feststellte. Auch die ''fast zeremoniöse Haltung'' und die anderen Kennzeichen konnte ich beim lebendigen Volkstanz etwa in Altaussee nie feststellen, ob es sie je gab, möchte ich bezweifeln. Laut [[Volkstanz zwischen den Zeiten]] ist dies ein allgemeines Kennzeichen von dilettantischen Aufführungen im Gegensatz zu professionellen Darstellern. Die Tänzer und Tänzerinnen fühlten sich möglicherweise vom Aufzeichner oder auch nur vom Tanzpartner beobachtet und versuchten daher mehr oder weniger krampfhaft, Fehler zu vermeiden. Und der Aufzeichner interpretierte dieses Verhalten dann als ''gemessene, ruhige Ausführung''. | ||
== Dazu passende Artikel== | |||
* [[Führen beim Tanz]] | |||
* [[Richtig oder falsch tanzen?]] | |||
* [[Musik zum Volkstanz]] | |||
* [https://www.volksmusikschule.at/volkstanzmusikant.htm Volkstanzmusikant] | |||
* Und vor allem: [https://www.volksmusik.cc/volkstanz/volkstanzspass.htm Volkstanz macht Spaß] | |||
Das oben geschriebene ist meine Meinung als langjähriger Volkstanzleiter. Kritik an diesen Zeilen oder Ergänzungen würden [[User:Franz Fuchs|mich]] freuen. | |||
[[Category:Tanzschlüssel]] | [[Category:Tanzschlüssel]] | ||
[[Category:Hintergrund]] | [[Category:Hintergrund]] | ||
[[Category:Volkstanz]] | [[Category:Volkstanz]] | ||
[[Category:Tracht]] | |||
[[Category:Tanzen lernen]] |
Aktuelle Version vom 27. März 2024, 14:16 Uhr
Anregungen für Tanzleiter und gute Tänzer
Über dieses Thema habe ich bereits 1971 geschrieben. Seit damals hat sich einiges geändert, ich möchte es nun aktualisieren. Das folgende gilt für den Gesellschaftstanz "Volkstanz" genau so wie für Tanzaufführungen.
Tanzgewand
Mit dem Gewand möchte ich beginnen, das man zum Tanz trägt. Früher war es üblich, zum Tanzen in seinem schönsten Gewand zu gehen. Großteils ist das bei uns noch immer üblich, allerdings hätten wir uns früher nie vorstellen können, dass kunstvoll zerrissene Jeans dieses schönste Gewand sein können. Aber wenn die Jugend so denkt, wichtiger ist, sie tanzen.
In England habe ich erlebt, die Jugend geht zum Ceíli-dance - das entspricht etwa unseren Volkstanzfesten - mit T-Shirt und Shorts. In unseren Breiten ist die Tracht vielleicht angemessener, allerdings sicher nicht unbedingt erforderlich. Lustvoll Tanzen kann man in jedem Gewand. Allerdings, es ist sicher kein Fehler, wenn das Tanzgewand auch bequem zu tragen ist und die Tanzfiguren nicht behindert.
Wenn es doch Tracht sein soll, was mir persönlich besser gefällt, muss es aber nicht unbedingt eine Gruppenuniform sein, wie es uns viele vor allem ländliche Tanzgruppen zeigen. Allerdings, auch die Tracht des Eröffnungskomitees beim Opernball ist eigentlich eine Gruppenuniform.
Übrigens, über die Vielfalt unserer Trachten habe ich im alten Dancilla eine Seite gefunden. Die Trachtenliste Europa hat viele Unterseiten.
Aber nun zum Tanzen selbst
Ausgangsstellung
Mit der Ausgangsstellung beginnt jede Tanzbeschreibung in Dancilla, damit beginnen viele Original-Aufzeichnungen. Aber nur in wenigen uralten Aufzeichnungen steht, wie und wann man zu dieser Haltung kommt. Vielfach wird vor allem bei Vorführungen daher der Fehler begangen, die Ausgangsstellung möglichst frühzeitig und möglichst "schön gleichmäßig" einzunehmen. Dann spielt die Musik ein langes Vorspiel. Alles steht dann je nach Tanz etwa in perfekter Walzerhaltung da. Keiner darf sich bewegen, sonst fällt er negativ auf.
Nun soll aber doch die Tanzhaltung nicht Selbstzweck sein, sondern sie ist ein Teil des Tanzes. Und ich behaupte, Tanz ist Bewegung, Bewegung zu Musik.
Daher sollte man vielleicht möglichst spät, etwa erst im letzten Takt des Vorspiels, die Ausgangsstellung einnehmen und aus dieser Bewegung sofort fließend überleiten zum ersten Tanzschritt - oder noch besser, ohne jede Ausgangsstellung gleich zum Tanzen anfangen. Bis dahin könnte man promenieren, oder zwanglos stehen. In der Überlieferung wird immer wieder angegeben, "Die Musik beginnt zu spielen, der Tänzer führt seine Tänzerin auf den Tanzplatz". Damals gab es kein Vorspiel, keine Ausgangsstellung.
Das gilt vor allem auch für Vorführungen: Man steht besser mit oder ohne Handhaltung oder auch durchgefasst im Kreis, nimmt erst knapp vor dem tatsächlichen Tanzbeginn die dort erforderliche Haltung ein.
Körperhaltung
Die Körperhaltung sollte aufrecht sein, besonders dann, wenn jemand keinen Buckel hat. Der Blick geht gerade aus. Oft wird man seinem Partner ins Gesicht schauen, zumindest ab und zu, wird damit zeigen, dass man gern mit diesem Partner tanzt.
Auf die eigenen Füße sollte man nicht einmal dann schauen, wenn man den Tanz noch nicht kann. Dabei sehe ich ja höchstens, wie man es falsch macht. Falls man dies braucht, schaut man besser auf die Beine der Tanzleiter oder eines guten Paares.
Die Fußspitzen sollen immer zum Boden zeigen. Vor allem bei allen Schwingschritten oder Tupffiguren. Aufgestellte, zum Himmel weisende Zehen, sogenannte "Schürhaken", schauen nie gut aus.
Und das Wichtigste: Tanzen Sie stolz! Tanzen Sie selbstbewusst! Tanzen sie, weil Sie es gut können!
Ach, Sie können diesen schwierigen Tanz (noch) nicht? Sind unsicher? Über dieses Thema habe ich beim Musizieren geschrieben, unter Tipps und Tricks können Sie es nachlesen. Kurz gefasst: Man könnte ja so tun, als ob man sicher wäre. Eigenartiger Weise wird man dadurch sicherer, eine selbsterfüllende Prophezeiung.
Handhaltung
Die Haltung der freien Hände ist meist nicht angegeben. Ob sie eingestützt, auf den Rücken gelegt oder in den Hosenträger eingehakt werden, bleibt jedem einzelnen überlassen. Manchmal kann man sie sogar einfach angebogen oder gerade hinunter hängen lassen. Sie sollten aber nie wild herumbaumeln, sondern immer nahe dem Körper bleiben.
Allerdings empfiehlt sich für viele Gruppen, bei Vorführungen eine einheitliche Handhaltung anzustreben. Das gilt aber nur für Vorführungen, schaut da vielleicht besser aus, beim freien, geselligen Tanz ist das eher nicht notwendig.
Fußstellung bei geschlossener Tanzhaltung
Bei eng geschlossener Tanzhaltung, also bei praktisch jedem Rundtanz, sind die Körper, vor allem die Füße leicht seitlich verschoben, so dass beim Vorwärtsschreiten der rechte Fuß etwa zwischen die Füße des Partners zielt. Das verhindert, dass man dem Partner auf die Zehen steigt, wenn dieser seinen linken Fuß nicht weit genug zurückzieht.
Das gilt aber nicht nur für Rundtänze, sondern auch für gerade Bewegungen vor oder zurück in enger Haltung. Etwa schiebt beim St. Bernhard Walzer in Takt 7-8 die Tänzerin ihren Tänzer in Richtung Kreismitte, in Takt 9-10 schiebt der Tänzer seine Partnerin wieder zurück. Auch bei derartigen Figuren sollen wie oben angegeben die Füße etwas seitlich verschoben sein, um sicher zu sein, dem Partner nicht auf die Zehen zu steigen.
Tanz ist Bewegung
Das gilt zwar für den ganzen Körper, aber in besonderem Maß für die Beine. Ein Stehenbleiben gibt es nur, wenn es, etwa bei Kontratänzen, ausdrücklich in der Beschreibung steht. Bei unseren Paartänzen geht der Schritt ununterbrochen weiter. Auch wenn die Figur nur eine Bewegung des Partners vorsieht, kann man ihm durch kleine Schritte dabei helfen, kann ihm etwa durch Ausweichen seine Bewegung erleichtern.
Schwingende Bewegungen
Viele Tänze, nicht nur die Bayrisch-Polka, leben vom Ab- und Zuwenden zum Partner. Das soll aber nicht nur mit dem Kopf geschehen. Der ganze Körper wendet sich ab, und dann wendet sich der ganze Körper wieder zum Partner. Der ganze Körper schwingt im Tanzrhythmus mit.
Das gilt auch bei Schwingschritten. Das Beinschwingen soll eigentlich ein beschwingtes, schwingendes Vorwärtsgehen sein. Der ganze Körper schwingt abwechselnd leicht nach links und nach rechts, die Beine schwingen zwar ebenfalls, sind aber nicht gar so wichtig. Dieses Beinschwingen ergibt sich aus dem Körperschwung, sollte daher nicht übertrieben werden.
Fließende Bewegungen
Der ununterbrochene Fluss der Tanzbewegung sollte während des Tanzes oberstes Ziel sein: Zwischen den einzelnen Figuren darf keine Pause, kein Bruch entstehen, jede Bewegung, jede Figur geht fließend in die nächste Figur über. Diese fließende Bewegung kann aber nur entstehen, wenn man vorher denkt, wenn man jederzeit weiß, wie es im nächsten Takt weitergeht. Tanze ich eine Figur zu Ende und denke dann erst nach, was nachher kommt, stockt der ganze Tanzfluss.
Als Beispiel nehme ich den Neubayrischen: Weiß ich, dass nach dem Stampfen oder Klatschen wieder ein Vorschwingen der Arme folgt, kann ich mich während der kurzen Musikpause leicht zum Partner wenden und die Arme etwas zurückführen. Das ist dann der Auftakt für den nachfolgenden Vorschwung, ein Stillstand wurde vermieden.
Wenn sich die Tänzer im Tanzkreis bemühen, alles gleichzeitig zu machen, soll dann womöglich jede Drehung genau zum Taktbeginn anfangen. Um nur ja nicht zu spät zu kommen, drehen sich oft alle etwas schneller, sind dann aber häufig zu früh fertig und warten stocksteif auf den nächsten Taktbeginn. Das wirkt leider nicht schwungvoll, sondern hölzern. Da wäre es besser, nicht zu genau gleichzeitig tanzen zu müssen, sondern lieber etwas zu spät zu kommen und dabei den Tanzfluss nicht zu unterbrechen.
Übrigens, je schneller und schwungvoller die Musik spielt, desto kleiner sollten Schritte und Bewegungen sein. Dann kann ich auch auf glattem Parkett etwa bei der Krebspolka rechtzeitig stehen bleiben und rutsche nicht endlos weiter.
Vorausdenken
Dieses Vorausdenken gilt besonders auch für den Tanzlehrer. Er muss den Leuten rechtzeitig vor Beginn die Figuren ansagen, eventuell sogar kurz erklären, damit man sich geistig darauf einstellen kann.
Dazu kommt, dass jede Bewegung früher beginnt, als man denkt. Ein gewöhnlicher Gehschritt ist am angegebenen Taktteil bereits beendet. Ich muss vorher ausschreiten, damit ich auf 1 den Fuß niederstellen kann.
Tanz ansagen
Ein Tanzleiter sollte für Anfänger manchmal die Schritte ansagen, im richtigen Rhythmus. Da der getanzte Schritt am schweren Taktteil bereits beendet ist, hat sich beim Schritt-Ansagen ein Auftakt bewährt.
Also nicht im geraden Takt: links-rechts-links-rechts
Sondern: und links und rechts und links und rechts
Im ungeraden Takt: und links zwei drei rechts zwei drei
Oder: und eins zwei und eins zwei und.
Tanzkreis
In kleinen Stuben könnte man (fast) am Ort tanzen. Das war im ursprünglichen Volkstanz öfters der Fall. Man tanzte, wo Platz war, kümmerte sich kaum um irgend eine Tanzrichtung, ein Tanzkreis war in derartigen Stuben ohnedies nicht möglich. In unseren Tanzsälen ist bei vielen Tänzen ein Tanzkreis üblich geworden, sowie eine Fortbewegung der einzelnen Paare gegen den Uhrzeigersinn. In diese Richtung sollte sich der gesamte Tanzkreis meist auch tatsächlich bewegen. Das gilt auch für Tänze, die anscheinend am Ort verbleiben, etwa für den Lunzer Boarisch. Man braucht ja nur die Schritte in Tanzrichtung etwas größer setzen als die gegengleichen, und schon kommt Bewegung in den Tanzkreis.
Bei der Bayrisch-Polka und vielen ähnlichen Tänzen könnte die Figur des Abwendens und wieder Zum-Partner-Wendens immer schräg vorwärts erfolgen, damit man in Tanzrichtung weiter kommt.
Gute Tanzgruppen erkennt man auch daran, dass sich ihr Tanzkreis weiter bewegt und die Abstände trotzdem annähernd gleichmäßig bleiben.
Höflichkeit
Ich meine vor allem die Höflichkeit dem Tanzpartner gegenüber. Unser Tanz ist mit wenigen Ausnahmen Paartanz, ich tanze mit einem Partner. Das muss ja sicher kein übertriebenes Theater mit vorgetäuschten Liebesblicken sein. Aber zwischendurch darf ich den Partner schon einmal ansehen, mit einem Kopfnicken oder nur mit einem freundlichen Blick ins Gesicht begrüßen oder verabschieden. Das gilt auch und vor allem bei Wechseltänzen, bei jedem neuem Partner, auch wenn es nur ganz kurz ist.
Zur Höflichkeit gehört auch, dass ich es meinem Partner leicht mache. Führe ich als Mann meine Partnerin etwa beim Kreiswoaf oder bei anderen Wechseltänzen vor mir auf die andere Seite, ist es höflich, dabei einen kleinen Schritt zurückzugehen, um ihr den Weg rund um mich herum abzukürzen. Bei vielen Tänzen, etwa beim Tulbinger Fensterltanz muss ich nicht stocksteif stehen bleiben, sondern kann dem Partner etwas ausweichen.
Partnerführung
In der Überlieferung führt der Tänzer seine Partnerin im Tanz. Meist ist es auch heute so, das steht auch in jeder Tanzbeschreibung, es muss aber nicht sein. Auch die Tänzerin kann heute ihren Partner führen, tat das wohl auch früher schon. Natürlich sollte man die Tanzfiguren so lernen, dass keine Führung mehr nötig wäre, aber etwas Hilfe für den Partner ist trotzdem immer gut.
Und wie führt man: Vor allem, man führt nie mit Brachialgewalt. Die Hände vor allem des Mannes sind keine Schraubstöcke, Mann muss die Hand der Partnerin nicht mit Gewalt festhalten, auch nicht, um die Tänzerin in neue Figuren zu führen. Das sehe ich vor allem bei Männern, ihre Partnerinnen beklagen sich dann manchmal bei mir. Aber auch ich habe das vor Jahren am eigenen Leib erfahren. Ich ersuchte damals meine Tanzpartnerin beim Wiener Kathreintanz, schonend zu tanzen, ich hätte Schmerzen in der bereits angeschlagenen Hand. Sie packte mich trotzdem so fest, dass ich noch mitten im Tanz ins Spital fuhr, um den Arm für 7 Wochen einzugipsen.
Man kann häufig mit rechtzeitig leicht angedeuteten Bewegungen führen, wie ich weiter oben bereits beim Neubayrischen angegeben habe. Man kann mit leichtem Druck des Handballens oder der Fingerspitzen der Partnerin andeuten, in welche Richtung die folgende Bewegung kommen soll.
Die Handhaltung sollte bei Wickelfiguren nie fest sein, sondern beweglich, vielleicht nur mit den Fingerspitzen. Wenn sich der Partner etwa beim Untersteirer fürchtet, die Hand zu brechen, mache ich und nicht der Partner irgend etwas falsch.
Zur Tanzausführung
Raimund Zoder schrieb 1922 in Altösterreichische Volkstänze, 1. Teil, Vorwort zur 1. Auflage:
- "Als obersten Grundsatz der Volkstanzpflege kann ich hier nur wieder die Mahnung hinstellen, die Tänze genau nach der Überlieferung zu üben und an die Ausführung nicht nur mit Freude, sondern auch mit Sorgfalt und dem heiligen Ernst, der diesem wertvollen Volksgut gebührt, zu gehen; die gemessene, ruhige Ausführung auch der lebhafteren Tänze und die fast zeremoniöse Haltung der Tänzer aus dem Volke zeigt uns ja an, dass der Tanz nicht bloßes Vergnügen ist."
Ich meine dazu, diese Aussage ist heute nicht mehr aufrecht zu halten. Die Überlieferung ging und geht weiter, wie schon Zoder selbst beim ersten Tanz dieses Buches, dem Neubayrischen feststellte. Auch die fast zeremoniöse Haltung und die anderen Kennzeichen konnte ich beim lebendigen Volkstanz etwa in Altaussee nie feststellen, ob es sie je gab, möchte ich bezweifeln. Laut Volkstanz zwischen den Zeiten ist dies ein allgemeines Kennzeichen von dilettantischen Aufführungen im Gegensatz zu professionellen Darstellern. Die Tänzer und Tänzerinnen fühlten sich möglicherweise vom Aufzeichner oder auch nur vom Tanzpartner beobachtet und versuchten daher mehr oder weniger krampfhaft, Fehler zu vermeiden. Und der Aufzeichner interpretierte dieses Verhalten dann als gemessene, ruhige Ausführung.
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Das oben geschriebene ist meine Meinung als langjähriger Volkstanzleiter. Kritik an diesen Zeilen oder Ergänzungen würden mich freuen.