Hiatamadl
aus der Umgebung von Reutte
Ausgangsstellung:
Im Flankenkreis nebeneinander, Tänzer innen.
Fassung:
Rückenkreuzfassung, rechter Arm des Tänzers oben.
Ausführung:
Takt 1-4: Das Paar tanzt mit 8 Schritten zweimal links / gegen Uhrzeiger herum, wobei sich der Tänzer am Ort dreht.
Takt 5: Tupftritt vorwärts mit dem äußeren Fuß.
Takt 6: Tupftritt vorwärts mit dem inneren Fuß.
Takt 7-8: Das Paar tanzt mit 4 Schritten einmal links / gegen Uhrzeigersinn herum, wobei der Tänzer sich am Ort dreht.
Takt 9-12: Wie Takt 5-8.
Es ist zu beachten, daß bei mehrmaliger Ausführung bei jeder Wiederholung 3 Drehungen (eine von Takt 11-12 und zwei von Takt 1-4) zusammentreffen.
Die Leitmelodie wurde 1933 in Kirchberg in Tirol nach dem Spiel einer
kleinen Tanzmusik bei einer Unterhaltung aufgezeichnet; sie ist, mit kleinen Abweichungen,
im ganzen Land bekannt. Die 2. und 3. Melodie wurde 1933 von Heinrich Schneider-Larcher in
Zimmermoos bei Brixlegg auf der Ziehharmonika gespielt.
Die Familie der Wechselhüpftänze ist in Tirol durch die abgeschwächte Form des
Hiatamadls vertreten; der Wechselhupf - das Springen in die Schrittstellung - ist bei ihm
durch den Tupftritt nach vorn ersetzt.
Das Hiatamadl stand noch in den Fünfzigerjahren in einzelnen Orten auf der Tanzfolge
öffentlicher Unterhaltungen. Die weite Verbreitung hat zur Ausbildung vieler örtlicher
Tanzformen geführt, die alle im Takt 5-6 und 9-10 als Kennbewegung Tupftritte aufweisen.
Die Bewegungselemente finden sich schon auf den Tanzbildern der deutschen und
niederländischen Maler und Holzschneider des 16. Jahrhunderts. Die Forschungen von Hans
von der Au haben Verbindungen mit den brauchtümlich gebundenen Frauentänzen anläßlich
von Kindstaufen, der Flachsaufbereitung und in der Weiberfasnacht aufgedeckt. Der
Wechselhupf wurde früher als fruchtbarkeitsfördernde Bewegung aufgefaßt. Der Übergang
zum geselligen Paartanz, der sich vom 17. bis zum 19. Jahrhundert vollzogen hat, ist nur
lückenhaft nachzuweisen.
Quelle: Karl Horak, Tiroler Volkstanzbuch, Musikverlag Helbling, Innsbruck, 1974.