Nachruf Fritz Frank

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Fritz Frank, genannt „Steirischer Volkstanzkaiser“, ist am 27.1.2009 im 89. Lebensjahr verstorben.

Der folgende Artikel, verfasst von Heimo Schönhofer zu seinem 75. Geburtstag, beschreibt seinen Lebenslauf aus der Sicht eines Steirers.

Zum 75. Geburtstag

Am 8. Dezember 1995 feierte Fritz FRANK, unser „Steirischer Volkstanzkaiser“, seinen 75. Geburtstag. Sein Leben und Wirken ist untrennbar mit der überlieferten Volkskultur verbunden. Seine Person verkörperte jahrzehntelang die steirische Volkstanzbewegung.

Es ist schwer möglich, an dieser Stelle die Fülle seiner Leistungen darzustellen und entsprechend zu würdigen. Wir wissen alle um die Vielzahl seiner auf dem Gebiet der Volkskultur geleisteten Arbeit, und dieses gewaltige Lebenswerk soll Vermächtnis für seine Nachfolger sein, dies in seinem Sinne weiterzuführen.

Wir alle wünschen ihm noch eine lange Zeit glücklichen Lebens und frohen Zusammenseins im Kreise seiner Familie und seiner Volkstanzfreunde.

Fritz - sein Leben

Fritz FRANK wurde am 8. Dezember 1920 in Mautern in der Obersteiermark geboren. Er übersiedelte 1927 nach Graz und besuchte hier die Handelsakademie. Mit dem Volkstanz kam er im Jahre 1932 in Berührung, als er sich beim Verein Grazer Turnerschaft einer Jugendgruppe anschloss. Anfang 1937 wurde er Mitglied einer freien Tanzgemeinschaft, die sich mit Beginn des Krieges auflöste, weil die meisten der Tänzer, so auch Fritz FRANK, zum Kriegsdienst einberufen wurden.

Im Herbst 1945 trat er einer Tanzgruppe der Sektion Graz des Österreichischen Alpenvereins bei. Daraus entwickelte sich der von ihm geleitete und bis Anfang der neunziger Jahre bestehende Sing- und Tanzkreis des Alpenvereins Graz.

Anfang 1946 trat er in den Landesdienst, wo er bei der Buchhaltung unterkam.

1947 leitete er den ersten Volkstanzkurs im Rahmen der AV-Jugend und organisierte mit seiner Jugendgruppe das erste Volkstanzfest nach dem Krieg im Meerscheinschlößl. Auch die heute noch beliebten Sommervolkstanzfeste gehen auf seine Initiative zurück.

Mitarbeiter im Landesjugendreferat wurde er 1949.

Dem steirischen Volksbildungsreferenten, Prof. KAPFHAMMER, fiel schon früh die unermüdliche und eifrige Arbeit von Fritz FRANK bei der städtischen Volkstumspflege auf, die er insbesondere mit seiner Alpenvereinsjugend entwickelte. Er bekleidete hier das Amt des Jugendwartes von 1950 bis 1978 und war zugleich von 1955 bis 1970 Landesführer der steirischen Alpenvereinsjugend.

Prof. KAPFHAMMER übertrug ihm 1953 alle Belange der volkskulturellen Bildungsarbeit mit der Jugend im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft für Volkstumspflege.

Zwei Namen nennt Fritz FRANK immer wieder, die noch vor ihm, unmittelbar nach dem Krieg, volkskulturelle Aufbauarbeit geleistet haben und dann mit ihm die zahllosen Kurse, Lehrgänge, Vorträge und Beratungen durchgeführt haben, nämlich Amtsrat Anton NOVAK und Erwin ZASCHE. In ihrem Sinne machte er weiter und fand bei seinen Vorgesetzten für seine Aktivitäten immer ein offenes Gehör und vollstes Verständnis und, was besonders wichtig war, die Bereitstellung der dafür erforderlichen Geldmittel.

Volkstanz war für ihn niemals eine isolierte Sparte der Volkstumspflege, sondern wie die Pflege des Volksliedes, der Volksmusik und des Brauchtums ein Teil eines Ganzen der Volkskultur. Sein Wesen liegt in der Kraft, gemeinschaftsbildend und -bindend zu sein.

Im Steirischen Jugendreferat war Fritz FRANK bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1985 tätig. Sein Beruf war ihm Berufung, er fand in ihm seine Lebensaufgabe, verpflichtet nach dem Motto: Volkstumspflege ist nicht zu hängen an dem, was einstens war, sondern ein Leben aus dem, was immer ist.

Seit der Gründungsversammlung der „Bundesarbeitsgemeinschaft Österreichischer Volkstanz“ im Jahr 1960 war Fritz FRANK durch 25 Jahre Landesvertreter der Steiermark.

Als Nachfolger Herbert Lagers übernahm er 1984 den Vorsitz, den er 1992 an Franz WOLF weitergab. Für seine unzählbaren Verdienste wurde er 1994 zum Ehrenvorsitzenden der BAG und LAG.

1994 erlitt er einen Schlaganfall. Getreu seiner Lebenseinstellung begann er sofort, an sich zu arbeiten, um sein Lebenswerk fortsetzen zu können.

Fritz - die Tracht

Als Schüler von GERAMB war für Fritz FRANK die Tracht als Teil der Volkskultur neben Tanz, Lied, Musik und Brauch ein besonders starkes Herzensanliegen. Er wusste die Freude am Tragen der heimischen Tracht zu wecken und zu fördern und führte somit zu einer inneren Beziehung zur überlieferten Kleidung. Eine zeitgemäße, kleidsame „Trachtenpflege“, keinesfalls museal und verstaubt, war seit Beginn der Volkstanzbewegung vordringliche Aufgabe für die steirische Arbeitsgemeinschaft für Volkstumspflege. Wie beim Volkstanz gingen die ersten Impulse hiefür vom städtischen Bereich aus. Schon 1952 war Fritz FRANK beim 1. Kongress für Trachtenerneuerung in Österreich, Deutschland und der Schweiz an vorderster Front für eine behutsame Abkehr von einer damals noch vorherrschenden konservativen Einstellung zur Tracht tätig. Um vor allem die Jugend für das Tragen des steirischen Gewandes zu gewinnen, wurde seitens des Jugendreferates bereits in den 50er Jahren Dia-Kassetten für Trachtenvorträge hergestellt. Jahrzehntelang war unser Jubilar in der Steiermark mit seinen Dias für Trachtenvorträge unterwegs. Seine Vorträge in den steirischen Gemeinden bildeten den Geschmack, brachten gute und schlechte Beispiele und sollten aufzeigen, dass die Tracht durchaus lebendig und zeitnah sein kann. Durch die unermüdliche Vortragstätigkeit wirkte er einer Uniformierung der Tanzgruppen, der Sing- und Tanzkreise entgegen. Die regionale Vielfalt der Steiermark sollte auch im Erscheinungsbild einer Gruppe hervortreten.

Einwandfreie Tracht zu tragen, war für ihn eine Selbstverständlichkeit. Selten sah man ihn „in Zivil“, ja er hatte das Tragen seines Steirergewandes so verinnerlicht, dass Fritz FRANK und Steirertracht eine untrennbare Einheit geworden sind. Besonders die Ausseertracht war sein Gewand, und er trug sie mit Stolz und einer Selbstverständlichkeit in heimatbewusster Lebensart.

Bei den großen Trachtenschauen, die vom steirischen Heimatwerk initiiert wurden und die großen Zulauf hatten, war er für die Männertrachten ein temperamentvoller, sachkundiger Kommentator.

Fritz - sein Singkreis

Junge Menschen, bestimmten Werten verpflichtet, lud er immer wieder ein, bei seinem Kreis mitzutun. Nicht wenige gibt es noch, die ihm von Anfang an die Treue gehalten haben. Ihnen lebte er seine Ideale - Heimatverbundenheit, Verpflichtung gegenüber dem bewährten Alten, aber doch immer auch Offensein für das gute Neue - vorbildhaft vor. Die Begegnung von Mensch zu Mensch, das Eintreten für das Gemeinsame und die Pflege einer geselligen Gemeinschaft ging ihm über alles. Vielen gab er eine geistige Heimat in seinem Sing- und Tanzkreis. Er wusste zu begeistern, und dieses Engagement für die heimatliche Volkskultur verpflichtete viele, in seinem Sinn zu leben und zu wirken.

Auf vielen Fahrten in ganz Europa und auch in nichteuropäischen Staaten hat die Gruppe ihr Heimatland Steiermark und die größere Heimat Österreich in allen Erscheinungen der Volkskultur, in Lied, Musik, Tanz und Tracht hervorragend vertreten. Mit dieser Arbeit ist es gelungen, dauerhafte Verbindungen und persönliche Beziehungen zu schaffen.

Am liebsten fuhr er mit seinem Kreis nach Skandinavien, weil die Art der dort lebenden Menschen ähnlich der Lebensart der alpinen Menschen ist und weil besonders die dortigen Volkstänze bewegungsverwandt mit unseren alpenländischen Formen sind.

Der Höhepunkt dieser Nordlandfahrten war zweifelsohne die Einladung zum großen schwedischen Hambo-Tanzfest in Järvsö, wo alljährlich an die 10.000 Tänzer aus allen schwedischen Provinzen um den Siegerpreis tanzen. An vier verschiedenen Orten wird von der Früh bis zum Abend getanzt. Hier durfte der Grazer Kreis das Vorprogramm bestreiten. Ein unvergessliches Erlebnis. Ebenso unvergesslich die Teilnahme an einer Papstmesse vor 10 Jahren in der Provinz Belluno in Italien, wo beim Einzug der Heilige Vater Fritz FRANK die Hand drückte und die Grüße der Vertreter der Steiermark entgegennahm.

Aber nicht nur im Ausland war Fritz mit seinem Kreis ein willkommener Gast, sondern zu Hause wurde er zu verschiedensten Kongressen und Tagungen eingeladen, überlieferte Volkskultur unverfälscht und weit entfernt von einem billigen Heimatkitsch und Folklorismus den ausländischen Gästen zu präsentieren.

Er trat mit seinem Kreis bei großen und kleineren Volkstanzfesten auf, bei den großen Bundesvolkstanztreffen war er ein würdiger Vertreter der Steiermark.

Eine Auszeichnung der ständigen Bemühungen, auch schwierige Chorliteraten gültig zu präsentieren, war die Teilnahme bei den jährlich stattfindenden Chortagen im Stefaniensaal in Graz innerhalb der Arbeitsgemeinschaft steirischer Singkreise.

Die höchst perfeke Berherrschung des alpenländischen Liedgutes brachte als Belohnung die Einladung zur Durchführung des traditionellen Hirten- und Liedersingens in der Antoniuskirche in Graz, das von Viktor ZACK und Viktor GERAMB mitten im Kriegswinter 1916 begründet worden war. 10 Jahre lang durfte der Chor die alten und stimmungsvollen Weisen singen. Viel davon wurde auch vom Rundfunk aufgezeichnet und wird heute noch in der Weihnachtszeit bisweilen gesendet. Auch zu anderen Rundfunkaufnahmen wurde der Kreis immer wieder eingeladen.

Noch bis in die jüngste Zeit veranstaltete sein Kreis in diversen Pfarrkirchen von Graz sehr gut besuchte Adventsingen.

Fritz - unermüdlich - vielseitig

  • Herausgeber von Tanz- und Spielesammlungen
  • Unvergessliche Kinderfaschingsfeste mit „Clown“ Fritz FRANK
  • Internationaler Jugendaustausch
  • Berlinaktion: Viele tausende Berliner Kinder verbringen einen Teil ihrer Ferien bei Gasteltern in der Steiermark
  • Lehrauftrag an der Universität Graz im Rahmen des Turnstudiums
  • Vertreter der Arbeitsgemeinschaft beim Steirischen Fremdenverkehrsverband, Beratung bei der Durchführung von Heimatabenden
  • Dokumentationsfilme über Steirische Volkstänze aus dem Ausseerland
  • Erstellung von Lehrbehelfen für die Tanzausbildung
  • Langjährige Lehrgänge bei pädagogischen Wochen und Fortbildungsveranstaltungen für Lehrer
  • Erstmals in Österreich: Durchführung von Offenen Volkstanzabenden in allen Bezirken der Steiermark, zu Beginn meist von ihm selbst geleitet
  • Initiative zur Schaffung eines Volkstanzabzeichens als Zugehörigkeitssymbol
  • „Tanz mit“: ein Plakat für Ankündigungen von Volkstanzveranstaltungen
  • Ausrichtung von Landes- und Bundesjugendsingen
  • Höhepunkt beim Bauernbundball in Graz: das mitternächtliche Offene Volkstanzen mit Fritz FRANK

Zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen

1967 Verdienstkreuz am Band des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland für die Berlinaktion

1970 Goldenes Verdienstzeichen der Republik Österreich

1979 Ernennung zum Regierungsrat

1979 Raimund Zoder-Medaille

1986 Großes Goldenes Ehrenzeichen des Landes Steiermark

1987 Ehrenzeichen der Landeshauptstadt Graz

Quelle

Heimo SCHÖNHOFER, REG.RAT FRITZ FRANK ZUM 75. GEBURTSTAG, Der fröhliche Kreis 45/4 (1995), S. 151-154.

Zum 85. Geburtstag

Fritz Frank ist 85 und erzählt aus seinem Leben

Fritz Frank ist 85. Das ist Anlass, Rückschau zu halten. Mit meinen 31 Jahren bin ich zu jung, um ihn in der Blütezeit seiner Volkstanzaktivitäten erlebt zu haben – kann also kaum aus eigener Erinnerung über ihn erzählen. Lassen wir also besser ihn selbst zu Wort kommen. In unserer gegenwärtigen Gesellschaft haben Erzählungen älterer Menschen aus ihrem eigenen Leben sehr hohen Stellenwert. Es gibt mittlerweile sogar Archive, die persönliche Erinnerungen von Menschen sammeln und verwahren und diese so zu etwas Außergewöhnlichem und Wertvollem machen. Heute gehen wir davon aus, dass Erinnerung selbst nie Rekonstruktion der Vergangenheit ist, sondern immer stark vom Hier und Jetzt geformt wird.

Franz Wolf und ich besuchten also Fritz Frank in seiner Wohnung, um seinen Erzählungen zu lauschen. Dies ist kein Portrait von Fritz Frank in seiner Eigenschaft als untrennbar mit der Volkstanzkultur des 20. Jahrhunderts Verbundenen – seine Leistungen stehen außer Zweifel. Es ist vielmehr eine Sammlung aus seinen ganz persönlichen Erinnerungen über sein Leben und will auf diese Art und Weise den Jubilar als Person in den Vordergrund stellen. Was aus Erzählungen seiner ZeitgenossInnen immer wieder hervorsticht, ist, dass er als aktiver Volkstänzer sehr charismatisch gewesen sein muss. Dieses Charisma gründet wohl auf seiner Geradlinigkeit, seiner absoluten Begeisterungsfähigkeit und der Kompromisslosigkeit auch seiner eigenen Vergangenheit gegenüber. Diese Eigenschaften sind nach wie vor ungebrochen und kommen vor allem dann zum Ausdruck, wenn er etwa über seine Kriegserfahrungen spricht, seine damalige politische Gesinnung ungeschminkt zum Ausdruck bringt und dabei über sich selbst lachen kann.

Aufgewachsen ist Fritz Frank in Mautern bei seinen Großeltern. Die Mutter arbeitete in Graz bei Graf Kodolinsky, einem Psychiater. Seinen Vater lernte er erst spät, nach dem Krieg, kennen. Mit 8 Jahren zog er zu seiner Mutter nach Graz, die inzwischen einen Mann mit vier Buben geheiratet hatte. Mit den Stiefbrüdern verstand er sich nicht besonders, wie er erzählt, sie hatten im Gegensatz zu ihm nichts für Kultur übrig. Fritz hat schon sehr früh kulturelles Interesse entwickelt und hat Wagner, Beethoven und Strauß verehrt. „Sieben Mal war ich in Bayreuth“, erzählt er. Mit 15 Jahren kam Fritz zur Alpenvereins-Jugend, wo sie oft wandernd und singend unterwegs waren. Dem Alpenverein blieb er bis in die 1990er Jahre als aktiver Tänzer und Sänger treu. Eine politische Prägung erlebte er durch den Turnverein, dem er bald nach seiner Übersiedlung nach Graz beigetreten war. Seine Mutter hingegen war gänzlich unpolitisch und stand seinen politischen Interessen eher skeptisch gegenüber.

Mit Volkstanz erstmals in Kontakt kam er in einem Grazer Gasthaus am Dietrichsteinplatz, bei der „Blonden Kathrein“, wo sich eine Gruppe junger Leute regelmäßig zum Tanzen traf. Fritz ist damals keiner der bestehenden Gruppen beigetreten, sondern ist zu verschiedenen Tanzkränzchen gegangen. 1938 durfte er sich einer Gruppe zu einer Auslandsfahrt anschließen – zur KdF-Reichstagung in die Hanseatenhalle in Hamburg. „(…) da waren viele Gruppen aus ganz Europa da, und da haben wir den großen Bandltanz getanzt (...) dem der Untersteirerlandler folgte; und unter dem Bandlbaum haben alle Gruppen ihre Tänze gezeigt, das war mehr eine Vorführung“, erinnert sich Fritz. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurden von offizieller Seite „norddeutsche Tänze“ gefordert, sie haben aber die gewohnten Tänze weiterhin getanzt, erzählt er; nur bei öffentlichen Auftritten zu offiziellen Anlässen wurden vorgeschriebene Tänze getanzt.

Auf die Frage, wann er in den Krieg musste, meint er fast entrüstet: „Müssen? Ich bin gerne eingerückt! Ich war ein begeisterter Soldat. 1940 zuerst zum RAD, da war ich in Frankreich, und dann bin ich überstellt worden im Jahre 41 zur Wehrmacht, zur Gebirgsnachrichtenabteilung 70 in Salzburg. Da sind wir zuerst nach Frankreich und dann nach Russland. Ich war kein Infanterist, ich war Soldat der Nachrichtentruppe. Ich hab geleitet einen Entstörungstrupp, Leitungen entstören, Fernsprechleitungen. Wir waren eine Fernsprechkompanie. Wie ich im Krieg daheim auf Urlaub war, habe ich es gar nicht ausgehalten, weil ich mich nach meinen Kameraden gesehnt habe.“ Er machte nie einen Hehl daraus, dass er als junger Bursch begeistert war vom Nationalsozialismus und fügt gleichzeitig hinzu „Ich weiß, wie vieles schief gelaufen ist, das weiß ich, habe ich aber viel zu spät bemerkt in der Begeisterung.(...) so begeistert waren wir, wir waren ja fertig, wie der Krieg zu Ende war, dass wir den Krieg verloren haben. Heute können sich junge Leute das gar nicht vorstellen (...). Wie ich eingerückt bin, war ich 20 Jahre. Ich wollte freiwillig zur Leibstandarte, ich war aber untauglich, weil ich schon Leistenbruchoperationen gehabt habe. Einrücken habe ich (trotzdem) dürfen, aber nicht zur SS, zur Waffen-SS. Ich wollte zur Leibstandarte, stellen sie sich vor (lacht über sich). Ich war ja erschüttert, dass ich untauglich war für die SS, die Waffen-SS (...). Ich bin auch aus der Kirche ausgetreten, bin erst später wieder eingetreten. Weil meine Kameraden im Krieg auch ausgetreten sind, habe ich die Beziehung verloren, obwohl ich religiös erzogen worden bin in Mautern. So hat mein Großvater gesagt am Sonntag, ‚Wir gehen ins Kloster Predilosn’ (Predigthören), das war für ihn wichtig - predilosn“. Nach dem Krieg ist Fritz wieder der Kirche beigetreten.

Er hatte Glück und überlebte die Kriegsjahre einigermaßen unbeschadet. „Ich war nur einmal ein paar Tage an der Front, habe ich mich freiwillig gemeldet. Ich als HJ-Führer kann doch nicht nur im Hinterland bleiben. Ich kann mich gut erinnern, wie ich in den Schützengraben bin. Der Unteroffizier war schon ganz fertig, weil dauernd die Russen mit ihren Stalinorgeln gekommen sind, und dann bin ich wieder zurückberufen worden zu meiner Einheit. Da war ich bis ich Malaria Tertiana bekommen habe (…). Dann bin ich im Jahre 44 im Sommer zurück in die Heimat versetzt worden, nach Bludenz zur Ersatzabteilung, da war ich wieder zweimal im Spital, weil alle vier Wochen ist ein Rückfall gekommen.“ Der Krieg habe ihn sehr beeinflusst in seinem Kulturinteresse: „Arabella“ hab ich im Krieg im Heimaturlaub gehört, „Arabella“ von Richard Strauß. Das hat mich so begeistert, dass ich es nicht mehr lassen konnte. (…) Im Krieg in der Gruppenkompanie haben wir viel gesungen“, meint Fritz weiter, „Volkslieder und natürlich auch Kriegslieder, Jugendbewegungslieder. Wir haben dort einen Chorleiter gehabt, der hat mit uns Bach gesungen auch Händel, den Messias haben wir gesungen“, erzählt Fritz.

Er blieb in Bludenz bis zum Kriegsende. Nach dem Abrüsten „(.) bin ich zu Fuß und mit Autostopp bis Schladming, weil in Graz die Russen waren, und im Herbst bin ich dann wieder nach Graz, dann bin (.) ich zum Alpenverein und habe gleich wieder mit dem Tanzen begonnen. Da waren viele Freunde von früher, die auch getanzt haben mit mir und Baumeister Walter Motschnik hat dann mich aufgebaut eigentlich, im Herbst gleich. Zum Teil waren es auch Leute, die in der Hitlerjugend waren. Nur haben wir (jetzt) nur steirische Tänze (Landler, Steirischer, Waldhansl) getanzt und österreichische, dafür hat schon der Baumeister Motschnik gesorgt“, meint Fritz. Er meint weiters, „Massen sind gekommen, das war ein freier Kreis. Und dann habe ich den ‚Alpenverein Sing- und Tanzkreis Graz’ gegründet, das war bereits im Jahre 46, da war meine zukünftige Frau als Kursteilnehmerin dabei und so habe ich sie kennen gelernt. Sie war dann bei meiner Gruppe gewisser Maßen die Gruppenmutter. Und so haben wir halt langsam die ganze Steiermark abgewandert.“

Wie ist die damalige Begeisterung für das Volkstanzen zu erklären? „Mein Gott, es war nichts da plötzlich an Möglichkeiten, sich zu aktivieren. Da sind alle möglichen Leute gekommen, die vorher nichts mit Volkstanz zu tun hatten. (...) Das waren ganz junge Leute, damals hat es Alte gar nicht gegeben. (...) Ich habe dann aufgebaut in allen Bezirken mit Wochenendlehrgängen und Kursen, Seminaren, zuerst haben wir noch unter der Ägide Kapfhammer und dann haben wir im Namen des Landesjugendreferates“ (gearbeitet). „Die Leute waren sehr begeisterungsfähig, jedes Wochenende gab es Lehrgänge, in der ganzen Steiermark, in Wien, Salzburg bin ich eingeladen worden. (Aber mit den Kursen) hat (es) nicht spontan angefangen, sondern sukzessive. (…) Gerhard Krajicek war einer der ersten, der mir geholfen hat, Kurse zu halten“, erinnert sich Fritz. Seine Musikanten waren anfangs unter anderen „Vater“ Maier, seine Tochter Frau Trippl, Sepp Strunz und Harald Pfeffer. Er selbst hat Geige und Mandoline gelernt, hat aber nie zum Volkstanz aufgespielt, er war in erster Linie Tänzer und Sänger, wie er meint.

Nach dem Krieg kamen immer wieder Vorwürfe bezüglich NS-Vergangenheit mancher VolkstänzerInnen, wie Fritz erzählt. Sie seien aus seiner heutigen Sicht nicht ganz unbegründet gewesen, man habe aber, wie allgemein üblich, in der damaligen Gesellschaft, nicht darüber diskutiert. „Für mich war es eine herrliche Zeit, nicht wegen der Politik, sondern weil ich einen so herrlichen Kameradenkreis gehabt hab. Das war ganz einmalig.“ Heute betrachtet er diese Zeit freilich differenzierter; wie vielen anderen auch ist ihm erst viel später bewusst geworden, welche Verbrechen der Nationalsozialismus rechtfertigte.

Zur Gründung der BAG erzählt Fritz, dass die Idee von Wolfram, Lager und Horak ausgegangen sei. Er selbst war auch Gründungsmitglied, weil er damals neben Erwin Zasche und Anton Novak in Graz aktiv war. Er gründete die ARGE Volkstanz Steiermark. Auch mit Raimund Zoder ist er mehrmals zusammengetroffen: „Zoder war eine besondere Persönlichkeit, da bin ich ein kleines Hascherl daneben, wirklich, sag ich ehrlich. Vater Zoder war ein Weltbegriff für uns. Er war (tänzerisch) sehr genau und legte auf sachgerechte Überlieferung besonderen Wert.“ Auch an Richard Wolfram erinnert er sich: „Wolfram war in erster Linie Wissenschaftler aber Tänzer zugleich und einer der nennenswertesten Personen in dem Bereich. Er hat mitgetanzt bei Lager beim akademischen Tanzkreis in Wien.“

Frau Frank hat sich, nachdem nacheinander die vier Kinder kamen, vom Tanzen langsam zurückgezogen, um sich ganz der Familie widmen zu können. „In der Gruppe war sie bis zu ihrem Ableben ein integrierender Teil.“ Dass er fast jedes Wochenende für den Volkstanz unterwegs war, forderte viel an Toleranz seitens seiner Familie.

Neben den zahlreichen Tanzkursen und –seminaren war er insgesamt 63 Mal mit dem AV-Sing- und Tanzkreis im Ausland zu internationalen Begegnungen, Treffen und Festivals, von Norwegen über Schweden, bis hin zu Russland, Riga, Baku, Teheran, Türkei und Ägypten. Kontakte zu ausländischen Gruppen wurden damals zuerst über das Bundesministerium vermittelt, das gemeinsam mit den Landesregierungen Volkstanz als Kulturvermittler und nationalen Sympathieträger in den Nachkriegsjahrzehnten stark förderte. Später folgten auch viele direkte Einladungen und Gegeneinladungen, nachdem die Gruppe immer bekannter geworden war. Auch Volkstanzfeste wurden großteils aus öffentlichen Mitteln finanziert.

Eine lustige Begebenheit ist ihm noch besonders in Erinnerung: „Wir sind von Moskau nach Baku geflogen, da unten sind ja lauter Muslime, aber die waren alle unter russischer Herrschaft und in der Gangway im Flugzeug habe ich Landler getanzt mit einem Mädchen, (.) und der Harald Pfeffer hat aufgespielt, das war herrlich, das ist eines meiner schönsten Erlebnisse (.).“ Das war 1973. Die ist auch die Zeit, die Fritz als den zeitlichen Höhepunkt bezeichnen würde, weil damals Volkstanz sehr weit verbreitet war. Es war immer sein Ziel, dass „möglichst viele Menschen überlieferte Tänze tanzen“. „Breiter ist immer alles geworden, bis zu den 80er Jahren, dann war ein Bruch. Junge Leute haben plötzlich andere Interessen gehabt, die breite Masse wollte nichts mehr wissen vom Volkstanz.“

Angesprochen auf das Verhältnis zu den Trachtenvereinen meint er, es wäre „schlecht, denkbar schlecht (gewesen). Franz Fritz, das war der Obmann, der hat gesagt, ihr seid die Theoretiker, wir sind die Praktiker, dabei haben sie Tänze getanzt, die gar nicht überliefert waren (.).“ Zusammenarbeit hat es nie gegeben, man habe sich gegenseitig nicht so recht ernst genommen, meint Fritz. „Die haben viele Fantasietänze getanzt, zum Beispiel den Daiglsteirischen, nur komplizierte Tänze, geselliges Tanzen hat es nicht gegeben, immer nur Vorführungen. Wenn Trachtentreffen waren, haben die verschiedenen Gruppen vorgetanzt, aber ein gemeinsames Tanzen gibt es dort nicht, bzw. nur zum Teil; ich kenne ein paar Gruppen, die sich auch zum geselligen Volkstanzen treffen.“

Bis zu seinem Schlaganfall im Jahr 1994 war er äußerst aktiv in Sachen Volkstanz unterwegs. „Ich kann mich gut erinnern, wie ich bei den letzten Tanzereien war, hat eine gesagt, von mir eine Tänzerin aus der Südsteiermark, ‚Fritz du warst streng zu uns’“. Viele haben ihn wohl so in Erinnerung, und dennoch war er offener als viele der „BAG-Größen“. An den Grundsatz, nur Tänze aus der Region zu tanzen, hat er sich beispielsweise nicht gehalten und hat mit seiner Gruppe schwedische, schottische Tänze, Kontratänze, polnische Tänze getanzt und den schwedischen „Hambo“ eingeführt. „Die haben alles viel zu starr genommen, wir waren beweglicher. Die haben ja fast keine ausländischen Tänze getanzt. Wir haben viele ausländische Tänze getanzt, die eine enge Beziehung zu unseren heimischen Tänzen hatten.“ Er sei mit der Wienerin Hella Wald einer der ersten gewesen, die den schwedischen Hambo in Österreich populär gemacht haben, meint Fritz.

„Heute täte ich noch gerne Hambo tanzen, mein Gott, noch einmal.“ Es ist sein sehnlichster Wunsch, den wir ihm zu seinem Geburtstag von Herzen gerne erfüllten, wenn sein Körper es nur erlauben würde.

Alles Gute!

Waltraud Froihofer

Quelle

Der fröhliche Kreis 45/4 (2005), S. 3-5.

Dieser Artikel enthält viele persönliche Details. Fritz Frank hat den Artikel vor Drucklegung gelesen und ausdrücklich seine Zustimmung zur Veröffentlichung gegeben.

Warum „Outing Fritz Frank“ im Fröhlichen Kreis?

Im FK 4/2005 wurde anlässlich des 85. Geburtstages unseres Ehrenvorsitzenden ein Interview abgedruckt, das von Waltraud Froihofer im Oktober 2005 durchgeführt worden war. In diesem Interview sind Äußerungen enthalten, die verschiedentlich zu Missverständnissen und Irritationen geführt haben. Bemängelt wurden Sätze wie „Ich bin gerne eingerückt! Ich war begeisterter Soldat.“, „Ich wollte zur Leibstandarte, …“, „Ich war ja erschüttert, dass ich untauglich war für die SS, …“. Es wurde die Meinung vertreten, diese hätten seitens der Redaktion entschärft oder am besten ganz unterdrückt werden sollen. Dazu erscheinen einige Erklärungen angebracht.

Die schriftliche Aufzeichnung des Interviews wurde zusammen mit dem Jubilar wiederholt durchgearbeitet, und es wurden mehrere von ihm gewünschte Änderungen vorgenommen. Die hier vorliegende Fassung wurde von ihm vor der Drucklegung studiert und autorisiert. Sie enthält kein Wort, das von ihm nicht ausdrücklich gebilligt worden wäre.

Fritz Frank ist kein „alter Mann, der nicht weiß, was er redet“. Er hat zwar ein beachtliches Lebensalter erreicht und ist körperlich angeschlagen, hat aber seine geistige Frische erfreulicherweise in vollem Ausmaß erhalten können. Im Zuge einer Geburtstagsfeier, die im Dezember 2005 in Graz ihm zu Ehren gegeben wurde, konnte sich ein großer Kreis seiner alten Freunde und Weggefährten davon überzeugen. Sein Erinnerungsvermögen, seine Einsicht in die Zusammenhänge und seine humorvolle Schlagfertigkeit sind ungebrochen. Fritz steht zu seiner Biographie und kann sie sehr gut vertreten.

Übrig bleibt der häufig gehörte Einwand: „Muss man denn das alles so deutlich sagen und auch noch veröffentlichen, damit liefert man doch nur unseren Gegnern Material in die Hände!“ Zunächst einmal kann ich mit dem Begriff „unsere Gegner“ nicht viel anfangen. Ich weiß nicht, wer das eigentlich ist oder sein soll. Aber auch abgesehen davon ist die Antwort einfach: Ja, man muss. Es geht nicht darum, alten Leuten heute pauschal und unreflektiert alles vorzuhalten, was sie in ihrer Jugend vielleicht getan oder gedacht haben. Ob ihnen daraus ein Vorwurf zu machen ist, ist in jedem einzelnen Fall genau zu prüfen und abzuwägen. Sehr oft ist ein Vorwurf nicht angebracht, in vielen Fällen waren ganz einfach zuerst die materielle Not und dann die Begeisterung wesentlich größer als der kritische Verstand. Das kann man aus den Zeitumständen heraus verstehen. Entscheidend ist vielmehr, wie die geistige Position der damals Jubelnden (und deshalb später als „belastet“ Bezeichneten) heute aussieht, ob sie in älteren Jahren, in ruhigeren Verhältnissen und ohne Druck ihren Irrtum erkannt haben. Fritz Frank hat das, und dieses Zitat wollen wir auch nicht übersehen: „Ich weiß, wie vieles schief gelaufen ist, das weiß ich, habe ich aber viel zu spät bemerkt in der Begeisterung …“. Dafür ist er hoch zu ehren. Andere aus der Gründergeneration der Volkstanzbewegung haben klärende Worte dieser Art bis zum Ende ihres Lebens nicht gefunden und ungeachtet ihrer sonstigen Verdienste uns in diesem Punkt ein schwieriges Erbe hinterlassen. Wohin diese gute alte österreichische Sitte des Verschweigens, des Verdrängens, des Unter-den-Teppich-Kehrens führt, können wir seit Jahren immer wieder in den Zeitungen lesen. Der oft zitierte fromme Wunsch des „Aussitzens“ hat sich längst als höchst unheiliger Schwachsinn erwiesen. Jeder einzelne Versuch des Zudeckens und Verheimlichens fordert immer noch härtere Angriffe und noch peinlichere Situationen heraus. Es ist einfach nicht vernünftig, im Bewusstsein eigener Schwachstellen zitternd zu warten, bis „die anderen“ vielleicht etwas davon entdecken. Die einzige mögliche Strategie ist, die Initiative in der Hand zu behalten, die kritischen Dinge offen anzusprechen, Verständnis für die Umstände einzufordern, die zu diesen Irrwegen geführt haben, sie nach Möglichkeit zu korrigieren und gleichzeitig darzulegen, mit welchen Maßnahmen man eine allfällige Wiederholung zu verhindern gedenkt. Das gebietet der Respekt erstens vor jenen aus der älteren Generation, die reinen Herzens in die falsche Richtung gegangen sind, und zweitens vor der jüngeren Generation, die mit diesem Erbe zurechtkommen und ihren eigenen Weg in die Zukunft finden muss.

Von Kollektivschuld kann keine Rede sein, um auch das anzusprechen. Es handelt sich vielmehr um ererbte Schulden, die auf uns gekommen sind, ohne dass wir Nachgeborene etwas dafür können. Aber ererbtes Vermögen haben wir ja auch gerne übernommen und zehren noch heute davon. Wir müssen uns mit beiden Seiten der Bilanz auseinandersetzen, daran führt kein Weg vorbei.

Quellen

Helmut Jeglitsch, Der fröhliche Kreis 56/1 (2006), S. 8

Bibliographie